Sonntag, 3. Januar 2010

Pailletten

Weißt du, es war doch der charming Herr Glam. Das goldfarbene Paillettenkleid, das ich anziehen durfte auf seiner Party letztes Jahr, und sah damit großartig aus, hätte das Kleid anbehalten wollen die ganze Nacht und überhaupt immer. Wahrscheinlich hätte ich sogar singen können in diesem Kleid und Kunststücke mit wilden Tigern, und wenn ich mit dem Kleid auf die Straße gegangen wäre, wären die Passanten auf die Knie gefallen und hätten mich und das Kleid umjubelt und photographiert.

Ein eigenes Paillettenkleid aber hatte ich nicht. Ein eigenes Paillettenkleid hätte ich niemals gekauft, denn ich führe kein Leben für Paillettenkleider, ich kann nicht singen, ich kenne keinen einzigen Tiger, und wenn ich auf die Straße gehe, dreht sich nicht einmal die Müllabfuhr um. Das Kleid aber, Herrn Glams goldenes Kleid, hat mich behext.

Ein goldfarbenes Paillettenkleid aber gibt es nirgends zu kaufen. Übers Jahr vergaß ich also das Kleid, hängte grau und grün, lila und blau, Tweed und Wolle in den Schrank, dachte nicht an Gesang und nicht an die fehlenden Tiger, und dann hing es da doch: Schwarz zwar, und nicht golden. Kurz zwar, und nicht lang, aber gerade, eng, ziemlich ausgeschnitten für meine Verhältnisse und ganz und gar besetzt mit Pailletten. Ich habe das Kleid sofort gekauft.

Dann aber gingen die Wochen ins Land. Weihnachten? Unmöglich. Silvester? Doch nicht bei der sehr gemütlichen und ganz und gar tigerfreien Party bei M. und M. Ausgehen? Keine Ahnung, was Sie tragen, wenn Sie ausgehen, aber ich bevölkere die Bars von Berlin, und da lachen vermutlich alle, wenn ich aufkreuze mit meinen Pailletten. Mein geschätzter Gefährte J. lacht wahrscheinlich am meisten. Bälle? Der J. kann nicht tanzen. Premieren? Wir sind in Berlin ... Parties? Ich wüsste nicht wo.

Da hängt das Kleid nun also im Schrank. Sogar das Etikett ist noch dran. Ab und zu fällt das Licht durch die offene Schranktür und bricht sich funkelnd in hundert Pailletten. Fernab der Stadt zucken die Pfoten der Tiger in Träumen, und ich trage das Kleid wohl nur für mich und zu Haus und allein.



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