Wie es ausgeht
Unschön an der Endlichkeit des Lebens ist ja nicht nur, meine Damen und Herren, der Vorgang an sich, obwohl auch die Auslöschung keine angenehme Vorstellung ist – dieser Schrecken, ins Bodenlose zu fallen, und all das, was man jemals gedacht, gesagt, geliebt oder getan hat, einfach weggewischt zu wissen wie man ein Galgenmännchen nach beendetem Spiel von der Tafel wischt, um es ganz und gar zu vergessen. Erschreckend auch die Vorstellung von Schmerzen, die so recht geeignet sein mögen, einem die Seele aus dem Leib zu treiben, und derart arg, dass man ganz zuletzt als ein schwitzendes, entmenschtes Stück Fleisch nach dem Ende schreien mag und bliebe einem auch nichts das schiere Nichts.
Benebst Schmerzen, Schrecken und Dunkelheit, der Einsamkeit auf die letzten Meter selbst in Anwesenheit jener Menschen, mit denen wir doch alles teilen, und immer beieinander bleiben wollten, ist es wohl von untergeordneter Relevanz, aber doch wohl ärgerlich, ab einem Tag, einer Stunde, einem bestimmten Moment nicht mehr zu erfahren, wie es weitergeht, nicht mit einem selbst, das ist ja vorbei, aber doch mit dem Rest der Welt und besonders mit jenen, die uns mehr angehen als andere.
Wann sich der hinterbliebene Witwer trösten mag, und mit wem wohl? Wird er die Neue mehr lieben als dich, wütender begehren, sehnsüchtiger erwarten? Wer wird deine Lieblingskette tragen, wer an deinem Schreibtisch sitzen? Wer wird weinen, und wer wird nur so tun? Wer, den du längst vergessen hättest, wäre dein Gedächtnis nicht besser, als dir lieb ist, wird einen trübsinnigen Abend verbringen, wenn er von der leeren Luft hört, die du bis gestern gefüllt hast, und es nun nicht mehr tust? Wer, über dessen Anruf du dich gefreut hättest, wird nur ein Schulterzucken übrig haben oder gar nicht mehr wissen, wer du bist? Wie ist das Essen bei der Beerdigung, wer wird nächstes Mal Kanzler, und wie hättest du ausgesehen mit 80?
Und hätte sich das Durchhalten gelohnt?