Die Natur auf Kriegsfuß
Morgens ist eigentlich noch alles bestens, der Wecker klingelt, man quält sich so aus dem Bett, und eine halbe Stunde später mit nicht ganz geföhnten Haaren steht man also vor der Tür. „Hah!“, sagen die Bäume, beugen sich weit zu einem hinunter und werfen einem eimerweise Pollen ins Gesicht. Die mickerigen Gräser rundherum holen tief Luft und pusten einen einmal richtig an, und auf den paar hundert Metern bis zur U 2 beginnt man zu leiden.
Die Schleimhäute schwellen zu völlig ungeahnten Ausmaßen an, die Nase läuft, und man niest so ungestüm, dass die anderen Leute in der Bahn erschreckt ein Stück abrücken aus Angst vor gefährlichen Infektionen. Ich bin gar nicht ansteckend, möchte man ihnen zurufen, aber das geht ja gerade nicht, weil man ein Taschentuch vor der Nase hat und den ganzen Tag fortfährt, eine Spur von Taschentüchern zu hinterlassen, die, würde man unterwegs den einen oder anderen Mord begehen, die Polizei sofort auf die eigene Fährte bringen würden.
Bis vor einigen Jahren, erinnert man sich, war man kerngesund. Keine einzige Allergie, ab und zu mal eine Erkältung, und sonst nichts. Die üblichen Sportverletzungen, und ansonsten sprang das Fräulein Modeste dermaßen vital durch die Gegend, dass Mutter Natur, die bekanntlich eine bösartige Matrone zu sein pflegt, die Stirn runzelte und ihren Knechten paar Anweisungen zuflüsterte. Dann ging es los. Erst Walnüsse. Dann Penicillin. Und schließlich verschwor sich die heimische Flora und zerrüttete in einer konzertierten Aktion mein Immunsystem auf das Allerschönste.
Wollen wir doch mal sehen, wer gewinnt, wispert es des Nachts in den Bäumen, und die Natur reibt sich die schwieligen Hände, es der Zivilsation noch einmal so richtig gezeigt zu haben.
Hm, da ist das Leben...