Fremde Frauen
Nun aber, meine Damen, hier in der Anonymität des Internets, heraus mit der Sprache: Wie machen Sie das eigentlich? Wie schaffen Sie es, neben einem Mann zu sitzen, der ein saftiges Steak verzehrt, und an Salatblättern zu kauen? Überkommt sie da wirklich kein Fünkchen des Futterneides? Mögen Sie den Salat wirklich? So einen grünen Salat mit Pinienkernen und getrockneten Tomaten, eine feine Sache, aber kein Fetzchen Fleisch dazu, kein Bröckchen Käse? Und mögen Sie eigentlich wirklich kein Bier oder tun Sie nur so?
Und interessieren Sie sich eigentlich wirklich jeden Monat aufs Neue für Stoffe, Schnitte oder Schuhe? Ich gehe ja auch ganz gern einmal einkaufen, aber immerzu Taschen, irgendwelche Designer, schwarz-weiß und geblümt, Sechziger und Achtziger, Pfennigabsätze und Ballerinas? Und warum lesen Sie Frauenzeitschriften? Und warum finden Sie Karriere nicht so wichtig? Ich finde das großartig, wenn die Steine, die rollen, wenn ich beruflich dagegentrete, möglichst groß sind und viel Geld kosten. Und bestimme lieber über andere Leute, als dass ich über mich bestimmen lasse. Und etwas „mit Menschen machen“, fand ich angesichts der Beschaffenheit der meisten anderen Leute schon mit so ungefähr 12 insgesamt eher nicht so. Den meisten Menschen, im Vertrauen gesagt, ist ohnehin nicht zu helfen, hoffnungslose Fälle, alle miteinander, und da soll ich...? Aber Sie machen das ja angeblich gerne.
Kinder, auch so ein Thema. Sie kriechen in jeden Kinderwagen und sprechen die Insassen an mit so ganz hohen Stimmen und sagen Sätze, die Sie keinem Erwachsenen gegenüber vorbringen würden. Hätten Sie so angesprochen werden wollen mit ungefähr drei? Und unterhalten Sie sich gern mit Leuten, die irgendetwas unendlich Idiotisches lallen, wenn Sie Ihnen etwas sagen? Sprechen Sie wirklich gern mit achtjährigen Menschen, die auf Ihre Frage, ob das Essen geschmeckt habe, antworten, bei ihrer Mutter wäre das Schnitzel besser? Und interessieren Sie sich wirklich für die Vollausstattung von Baby Born? Gehen Sie gern mit Menschen um, die komisch riechen, weil sie ihre Ausscheidungsvorgänge noch nicht so im Griff haben? Und warum geben Sie Ihren Job auf, um statt 100 intelligenter, erwachsener Menschen einen einzigen Menschen um sich zu haben, der noch nicht sprechen kann?
Und wie schaffen Sie es eigentlich, immer so gepflegte Füße zu haben? Mir fällt die Notwendigkeit einer regelmäßigen Fußpflege ja regelmäßig ein, wenn ich mit Sandalen an den Füßen an öffentlichen Orten herumsitze. Untenrum bestehe ich bei solchen Gelegenheiten ja eigentlich ausschließlich aus Hornhaut. Und warum haben Sie immer so merkwürdige Männer? Die meisten Menschen ziehen ja amüsante Gesellschaft der langweiligen vor, aber klar, wenn man einen Job hat, in dem Sie so gut wie umsonst „was mit Menschen machen“... Sie lieben Ihren Mann aber? Dafür jammern Sie aber ziemlich viel, Verehrteste. So lange jammere ich selten bis zur Abschaffung des Ärgernisses.
Ach, aber letztlich, tauschen würden Sie wohl nicht wollen, oder? Mit einer Frau, die regelmäßig morgens aus dem Haus stürzt mit nassen Haaren, um erst in der Bahn zu bemerken, dass sie ihren Büstenhalter falsch herum anhat. Die auf allen Vieren durch ihr vollverglastes Büro kriecht, weil sie einen Ohrring verloren hat, und aus lauter Verlegenheit den Vorbeigehenden leicht verkrampft zuwinkt, weil sie gerade nicht so die Kapazitäten hat, um ihr Verhalten zu erklären. Und die sich bei schlechter Laune nicht so weit im Griff hat, einfach einmal zu schweigen, und statt dessen gern Streit anfängt, um vehement Meinungen zu vertreten, an die sie sich morgen nicht mehr erinnert.
Aber wer es besser getroffen hat, meine Damen, das werden wir bei Gelegenheit noch einmal diskutieren, in zehn Jahren oder zwanzig.
Also: Wie schaffen Sie es, neben einem Mann zu sitzen, der ein saftiges Steak verzehrt,
und an Salatblättern zu kauen?
Gar nicht, ich esse auch Steak. Nach zwei Stunden Karatetraining oder ebensolange
Tae Bo habe ich das verdient.
Und mögen Sie eigentlich wirklich kein Bier oder tun Sie nur so?
Weißweinschorle rules.
Und interessieren Sie sich eigentlich wirklich jeden Monat aufs Neue für Stoffe, Schnitte
oder Schuhe? Ich gehe ja auch ganz gern einmal einkaufen, aber immerzu Taschen,
irgendwelche Designer, schwarz-weiß und geblümt, Sechziger und Achtziger,
Pfennigabsätze und Ballerinas?
Im Großen und Ganzen uninteressant, aber endlos vor einem Schuhgeschäft
stehenbleiben und gucken ist wichtig, um ihm gegenüber Flagge zu zeigen.
Soll er sich ruhig über die Zeitverschwendung ärgern, das Gefühl, ihn ein Stück weit
in der Hand zu haben tut gut.
Und warum lesen Sie Frauenzeitschriften?
Tue ich nicht.
Und warum finden Sie Karriere nicht so wichtig? Ich finde das großartig, wenn die Steine,
die rollen, wenn ich beruflich dagegentrete, möglichst groß sind und viel Geld kosten.
Sehe ich auch so.
Und bestimme lieber über andere Leute, als dass ich über mich bestimmen lasse.
Und etwas „mit Menschen machen“, fand ich angesichts der Beschaffenheit der meisten
anderen Leute schon mit so ungefähr 12 insgesamt eher nicht so. Den meisten
Menschen, im Vertrauen gesagt, ist ohnehin nicht zu helfen, hoffnungslose Fälle,
alle miteinander, und da soll ich...? Aber Sie machen das ja angeblich gerne.
Das kommt auf die Menschen an. Ich würde mich als soziales Wesen bezeichnen, aber
das hat nichts mit Helfersyndrom zu tun.
Kinder - bewahre!
Allenfalls könnte ich mir vorstellen, irgendwann mal welche zu adoptieren, dann
fällt diese ganze Kackerchen-Phase weg. Obwohl, wenn mir eines passiert - ich bin mir
da nicht sicher.