Richtigmachen
Eine gewisse gelöste Stimmung greift ja stets dann Raum, wenn wir bemerken, in irgendeiner Hinsicht überhaupt alles richtig gemacht zu haben. Ich zum Beispiel, die auf einen Haufen Fehler im Verlaufe der letzten 28 Jahre zurückblicken könnte, würde ich zu solchen Akten kritischer Introspektion neigen, habe vor geraumer Zeit eine Geschichte beendet, in der J. – seither also mein Exfreund – die Hauptrolle spielte.
Diverse Freundinnen haben seit dem Ende der ganzen Sache mehrfach schwere Bedenken bezüglich meiner Zukunft angemeldet. Seriöse Herren, so ernsthafte und besorgte Stimmen in meiner Umgebung, seien im einschlägigen Alter bereits in sehr festen Händen, und überdies präferiere der überständige Rest einen Frauentypus, dem meine Person eher weniger entspräche. Nach einer Phase der tiefgreifenden Besorgnis habe ich mich allerdings entschließen müssen, die freundlichen Offerten lieber Freundinnen, wahlweise ihre älteren Brüder, auf dem Heiratsmarkt übriggebliebene Arbeitskollegen, Bundesbrüder des eigenen Freundes oder gute, alte Freunde zu mir zu nehmen, auszuschlagen. Ich werde nunmehr also alleine alt, und kein alter Mann wird mir den Lebensabend mit klugen Sentenzen zur Tagespolitik versüßen.
„Ob das mal kein Fehler war.“, warnt mich meine liebe C. in ungefähr wöchentlichem Abstand vor den Folgen meines Tuns und weist auf mehrere ihrer Tanten und Großtanten hin, die ob überzogener Ansprüche an die Person ihres Gatten als lästige Dauergäste der restlichen Familie ein entwürdigendes Dasein führten.
Jene Tiraden, die wohl jeder Single von Zeit zu Zeit aus dem Kreise seiner Freunde oder Verwandten vernehmen darf, dürfen einen indes nicht in die Arme der vorstehend bezeichneten traurigen Notlösungen oder gar zurück in die des jüngst verstoßenen Scheinprinzen treiben. Jede Trennung, raunt der Mund der Wahrheit, ist vielmehr richtig, sie ist befreiend und kein Weg führe zurück auf jene Schlachtfelder, denen man mit knapper Not und einigen Blessuren entkommen ist.
Himmlische Heiterkeit erfüllte vor diesem Hintergrund im Verlauf der letzten Woche einen gemieteten Kleintransporter an einer Bushaltestelle an einem uns völlig unbekannten Ort irgendwo im Wedding, in dem mein erwähnter Exfreund J. neben mir hinter dem Steuer hockte und als Ausdruck einer tiefgreifenden Orientierungslosigkeit, ja Verzweiflung, mehrfach mit dem Kopf gegen das Lenkrad schlug. „Wir werden alle sterben!“, röchelte der J., und riss mir einen zerschlissenen Falkplan, auf dem die Stadt Berlin von oben abgebildet ist, aus den Händen, um ihn hektisch einmal im Uhrzeigersinn zu drehen und vergeblich den gegenwärtigen Standort zu suchen.
Die nachfolgende Viertelstunde voll der gegenseitigen Beschuldigungen und Beleidigungen erspare ich meinen Lesern. Wer nach einer mehrjährigen Beziehung, die eine Reihe Fern- und Städtereisen umfasste, ausgerechnet mich um Mithilfe bei der Abholung eines geschenkten Kühlschranks bittet, ist selber schuld, und kann auf Schonung seiner Hilflosigkeit angesichts von Stadtplänen oder jeglicher Form der Groborientierung nicht rechnen.
„Ich bin um acht verabredet.“, erinnerte ich den J. daher an die verrinnende Zeit. J. hob resignierend die Hände an die Decke des Kleintransporters und bellte dann etwas, das sich anhörte wie: „Das wirst du wohl kaum schaffen.“ – Es war kurz nach halb sieben.
Aus der Zeitung ist bekannt, dass der Tiefstand der Sprachfähigkeit der Bewohner derartiger urbaner Gegenden nicht nur mich bereits tiefgreifend verärgert hat. Ob die Bewohner des Wedding Auswärtige hassen, und daher absichtlich in die Irre schicken, oder hier ein tatsächliches Problem besteht, vermag ich indes nicht zu beurteilen. Die von uns gesuchte Straße befand sich jedenfalls nicht dort, wo fünf Passanten entlang der Müllerstraße uns hingewiesen hatten. In einem Anfall von lautstarkem Jammer kurbelte J. schließlich das Fenster auf der Fahrerseite herunter, eine Hand streckte sich Richtung Bordstein, und mein nutzloser Falkplan flog einige Meter über den Bürgersteig, einer dicken Dame vor die Füße.
Einige Minuten später waren wir da. Zwei Stunden später sah ich mich zur Abgabe endloser Entschuldigungen gezwungen, um eine selbst für meine Verhältnisse außergewöhnliche Verspätung zu entschuldigen. Und noch später, sehr viel später, als ich allein nach Hause ging, die Invalidenstraße bergauf, segnete ich meinen Schöpfer für die jene glückliche Daseinsform, die er mir in seiner unendlichen Gnade gewährte, und beschloss die sofortige Anschaffung einer Katze als Gefährtin eines freudigen Zölibats.
Diverse Freundinnen haben seit dem Ende der ganzen Sache mehrfach schwere Bedenken bezüglich meiner Zukunft angemeldet. Seriöse Herren, so ernsthafte und besorgte Stimmen in meiner Umgebung, seien im einschlägigen Alter bereits in sehr festen Händen, und überdies präferiere der überständige Rest einen Frauentypus, dem meine Person eher weniger entspräche. Nach einer Phase der tiefgreifenden Besorgnis habe ich mich allerdings entschließen müssen, die freundlichen Offerten lieber Freundinnen, wahlweise ihre älteren Brüder, auf dem Heiratsmarkt übriggebliebene Arbeitskollegen, Bundesbrüder des eigenen Freundes oder gute, alte Freunde zu mir zu nehmen, auszuschlagen. Ich werde nunmehr also alleine alt, und kein alter Mann wird mir den Lebensabend mit klugen Sentenzen zur Tagespolitik versüßen.
„Ob das mal kein Fehler war.“, warnt mich meine liebe C. in ungefähr wöchentlichem Abstand vor den Folgen meines Tuns und weist auf mehrere ihrer Tanten und Großtanten hin, die ob überzogener Ansprüche an die Person ihres Gatten als lästige Dauergäste der restlichen Familie ein entwürdigendes Dasein führten.
Jene Tiraden, die wohl jeder Single von Zeit zu Zeit aus dem Kreise seiner Freunde oder Verwandten vernehmen darf, dürfen einen indes nicht in die Arme der vorstehend bezeichneten traurigen Notlösungen oder gar zurück in die des jüngst verstoßenen Scheinprinzen treiben. Jede Trennung, raunt der Mund der Wahrheit, ist vielmehr richtig, sie ist befreiend und kein Weg führe zurück auf jene Schlachtfelder, denen man mit knapper Not und einigen Blessuren entkommen ist.
Himmlische Heiterkeit erfüllte vor diesem Hintergrund im Verlauf der letzten Woche einen gemieteten Kleintransporter an einer Bushaltestelle an einem uns völlig unbekannten Ort irgendwo im Wedding, in dem mein erwähnter Exfreund J. neben mir hinter dem Steuer hockte und als Ausdruck einer tiefgreifenden Orientierungslosigkeit, ja Verzweiflung, mehrfach mit dem Kopf gegen das Lenkrad schlug. „Wir werden alle sterben!“, röchelte der J., und riss mir einen zerschlissenen Falkplan, auf dem die Stadt Berlin von oben abgebildet ist, aus den Händen, um ihn hektisch einmal im Uhrzeigersinn zu drehen und vergeblich den gegenwärtigen Standort zu suchen.
Die nachfolgende Viertelstunde voll der gegenseitigen Beschuldigungen und Beleidigungen erspare ich meinen Lesern. Wer nach einer mehrjährigen Beziehung, die eine Reihe Fern- und Städtereisen umfasste, ausgerechnet mich um Mithilfe bei der Abholung eines geschenkten Kühlschranks bittet, ist selber schuld, und kann auf Schonung seiner Hilflosigkeit angesichts von Stadtplänen oder jeglicher Form der Groborientierung nicht rechnen.
„Ich bin um acht verabredet.“, erinnerte ich den J. daher an die verrinnende Zeit. J. hob resignierend die Hände an die Decke des Kleintransporters und bellte dann etwas, das sich anhörte wie: „Das wirst du wohl kaum schaffen.“ – Es war kurz nach halb sieben.
Aus der Zeitung ist bekannt, dass der Tiefstand der Sprachfähigkeit der Bewohner derartiger urbaner Gegenden nicht nur mich bereits tiefgreifend verärgert hat. Ob die Bewohner des Wedding Auswärtige hassen, und daher absichtlich in die Irre schicken, oder hier ein tatsächliches Problem besteht, vermag ich indes nicht zu beurteilen. Die von uns gesuchte Straße befand sich jedenfalls nicht dort, wo fünf Passanten entlang der Müllerstraße uns hingewiesen hatten. In einem Anfall von lautstarkem Jammer kurbelte J. schließlich das Fenster auf der Fahrerseite herunter, eine Hand streckte sich Richtung Bordstein, und mein nutzloser Falkplan flog einige Meter über den Bürgersteig, einer dicken Dame vor die Füße.
Einige Minuten später waren wir da. Zwei Stunden später sah ich mich zur Abgabe endloser Entschuldigungen gezwungen, um eine selbst für meine Verhältnisse außergewöhnliche Verspätung zu entschuldigen. Und noch später, sehr viel später, als ich allein nach Hause ging, die Invalidenstraße bergauf, segnete ich meinen Schöpfer für die jene glückliche Daseinsform, die er mir in seiner unendlichen Gnade gewährte, und beschloss die sofortige Anschaffung einer Katze als Gefährtin eines freudigen Zölibats.
von: Modeste Schublade: Datum: 30. Mär. 2005, 14:15 Uhr
Mit der richtigen Einstellung