Der Kandidat
„Endlich erwisch´ ich dich!“, die mir aus Studientagen bekannte und befreundete C² lacht in den Telephonhörer und plaudert ein bißchen über Erwerbstätigkeit und das Nachtleben am Rhein und die unschöne Neigung junger Eltern im Freundeskreis, ihren Nachwuchs für den Nabel der Welt zu halten. Ich plaudere ein bißchen zurück und referiere meine Urlaubspläne. „Wir können auch mal wieder zusammen verreisen.“, schlägt die C² vor. Als Single sei die Suche nach geeigneten Begleitpersonen doch immer eine schwierige Sache. Und apropos – wie es denn bei mir ausschaue in dieser Beziehung. „Schlecht.“, sage ich, und erläutere kurz die betrüblichen Umstände eines Privatlebens, in dem Neigung und Gegenneigung nur selten zusammenfinden.
C², so berichtet sie, sei ja jetzt Mitglied einer Datingplattform, und habe schon einige Kandidaten getroffen. „Und?“, frage ich. „Bisher nichts dabei.“, kommt postwendend zurück. Man müsse das Ganze eher vom Unterhaltungsfaktor her sehen, dann sei die Datingplattform gar nicht übel. Überhaupt zumeist ganz nette Leute, meint C², und verweist auf die Tatsache, dass hochgradiger Schwachsinn bei dem jeglichen persönlichen Treffen vorangehenden Mailkontakt und Telephonaten ja gar nicht verborgen bleiben könne. Optisch jedoch – und hier fängt C² an, herzlich zu lachen.
„Erzähl mal.“, sage ich.
Eine ganze Weile, so sagt C2, sei der Kontakt mit einem ortsansässigen Herrn hin und her gewogt. Der Mann schrieb nette Mails und vertippte sich auch beim Chat nicht mehr als nötig, seine Schweigsamkeit bei einigen Telephonaten schrieb die C² eventueller Schüchternheit zu, und so beschloss man, sich demnächst einmal zu sehen. „Ein paar Kilo zuviel, hat er gesagt.“, prustet die C², und erwähnt ein paar Bilder, die der Betreffende gemailt habe. Ein paar Kilo zuviel habe sie schließlich auch auf den Rippen, meinte die C², und stimmte einem Treffen schließlich zu.
Sie solle zu ihm kommen, schlug der Kandidat vor. Er werde kochen. „Ich bin doch nicht verrückt, und gehe zu jemandem nach Haus, den ich gar nicht kenne.“, wandte die C² ein, eingedenk aller Massenmördergeschichten, von denen man in der Zeitung liest, und nach einigem Hin und Her einigte man sich schließlich auf einen Spaziergang mit anschließendem Restaurantbesuch. Man traf sich auf dem Parkplatz.
„Modeste, du wärst umgefallen!“, sagt die C²: „Er hatte nicht ein paar Kilo zuviel – es war der Koloss von Rhodos. Mindestens 200 Kilo. Ein Mensch, der sich nicht allein die Fussnägel schneiden kann.“
Er habe sich, so rechtfertigte der Kandidat sein Vorgehen, erlaubt, etwas ältere Bilder zu übersenden aus Sorge, C² werde sonst einem Treffen nicht zustimmen. „Und das hätte ich auch nicht!“, sagt die C², und fährt mit einer ausgesprochen plastischen Beschreibung der Leiblichkeit des Herrn fort. „Und dann seid ihr spazierengegangen?“, frage ich. „Spazieren – ach was. Nach zweihundert Metern Stop an einem Eiswagen. Und nach einem Kilometer konnte der Kerl nicht mehr laufen und musste sich auf eine Bank setzen.“ Gesprochen habe der Kandidat auch im realen Leben kaum. „Kann auch am Spaziergang gelegen haben.“, wende ich ein. „Der hat auch im Sitzen den Mund nicht aufbekommen.“, entgegnet C².
Sie, so fährt C² fort, habe den offensichtlich aussichtslosen Versuch des Kennenlernens eigentlich abbrechen wollen, der Kandidat habe jedoch auf dem gemeinsamen Essen bestanden. Dass das Treffen nicht ganz optimal verlaufen sei, muss allerdings auch im Gehirn des Kandidaten angekommen sein, und so bestellte der Kandidat im aufgesuchten Restaurant lediglich ein Wasser. Um abzunehmen, wie er sagte. C² aß aus lauter Frust über den unguten Verlauf des Sonntagnachmittags hintereinander eine Suppe mit Kokosmilch und einen Haufen Gemüse mit Rindfleisch. Der Kandidat schwieg. Sie wolle ihn wohl nicht ein zweites Mal treffen, frug er irgendwann. C² verneinte. Das, so seufzte der Mann, habe er sich schon gedacht. Ob er ihr Essen denn trotzdem bezahlen solle? Die leicht irritierte C² bestand auf getrennter Bezahlung, und ließ sich die Dessertkarte kommen. Tja, so sprach der Kandidat. Dann müsse dieser Versuch der Partneranbahnung wohl als gescheitert angesehen werden, und erhob sich. Er werde jetzt fahren und wünsche ihr noch viel Glück bei der weiteren Suche. Er gebe aber zu bedenken, dass die Suche schwierig würde, versteife man sich zu sehr auf das Aussehen des Partners. Das, so sagte die C², solle der Kandidat ihre Sorge sein lassen, und bestellte eine gebratene Banane mit Eis. Der Kandidat verabschiedete sich. Auf Wiedersehen, sagte der Mann, schon halb im Gehen, und wandte sich ein paar Meter vor der Tür noch einmal um. Ob C² sein Wasser mitbezahlen könne.
„Das hört sich ja grässlich an.“, bedaure ich die geschätzte Freundin für den vertanen Sonntagnachmittag. „Halb so wild.“, winkt die C² ab. Hätte ja auch klappen können. Und ob eine solche Möglichkeit der Partnersuche nicht auch etwas für mich wäre.
Auf keinen Fall, sage ich.
C², so berichtet sie, sei ja jetzt Mitglied einer Datingplattform, und habe schon einige Kandidaten getroffen. „Und?“, frage ich. „Bisher nichts dabei.“, kommt postwendend zurück. Man müsse das Ganze eher vom Unterhaltungsfaktor her sehen, dann sei die Datingplattform gar nicht übel. Überhaupt zumeist ganz nette Leute, meint C², und verweist auf die Tatsache, dass hochgradiger Schwachsinn bei dem jeglichen persönlichen Treffen vorangehenden Mailkontakt und Telephonaten ja gar nicht verborgen bleiben könne. Optisch jedoch – und hier fängt C² an, herzlich zu lachen.
„Erzähl mal.“, sage ich.
Eine ganze Weile, so sagt C2, sei der Kontakt mit einem ortsansässigen Herrn hin und her gewogt. Der Mann schrieb nette Mails und vertippte sich auch beim Chat nicht mehr als nötig, seine Schweigsamkeit bei einigen Telephonaten schrieb die C² eventueller Schüchternheit zu, und so beschloss man, sich demnächst einmal zu sehen. „Ein paar Kilo zuviel, hat er gesagt.“, prustet die C², und erwähnt ein paar Bilder, die der Betreffende gemailt habe. Ein paar Kilo zuviel habe sie schließlich auch auf den Rippen, meinte die C², und stimmte einem Treffen schließlich zu.
Sie solle zu ihm kommen, schlug der Kandidat vor. Er werde kochen. „Ich bin doch nicht verrückt, und gehe zu jemandem nach Haus, den ich gar nicht kenne.“, wandte die C² ein, eingedenk aller Massenmördergeschichten, von denen man in der Zeitung liest, und nach einigem Hin und Her einigte man sich schließlich auf einen Spaziergang mit anschließendem Restaurantbesuch. Man traf sich auf dem Parkplatz.
„Modeste, du wärst umgefallen!“, sagt die C²: „Er hatte nicht ein paar Kilo zuviel – es war der Koloss von Rhodos. Mindestens 200 Kilo. Ein Mensch, der sich nicht allein die Fussnägel schneiden kann.“
Er habe sich, so rechtfertigte der Kandidat sein Vorgehen, erlaubt, etwas ältere Bilder zu übersenden aus Sorge, C² werde sonst einem Treffen nicht zustimmen. „Und das hätte ich auch nicht!“, sagt die C², und fährt mit einer ausgesprochen plastischen Beschreibung der Leiblichkeit des Herrn fort. „Und dann seid ihr spazierengegangen?“, frage ich. „Spazieren – ach was. Nach zweihundert Metern Stop an einem Eiswagen. Und nach einem Kilometer konnte der Kerl nicht mehr laufen und musste sich auf eine Bank setzen.“ Gesprochen habe der Kandidat auch im realen Leben kaum. „Kann auch am Spaziergang gelegen haben.“, wende ich ein. „Der hat auch im Sitzen den Mund nicht aufbekommen.“, entgegnet C².
Sie, so fährt C² fort, habe den offensichtlich aussichtslosen Versuch des Kennenlernens eigentlich abbrechen wollen, der Kandidat habe jedoch auf dem gemeinsamen Essen bestanden. Dass das Treffen nicht ganz optimal verlaufen sei, muss allerdings auch im Gehirn des Kandidaten angekommen sein, und so bestellte der Kandidat im aufgesuchten Restaurant lediglich ein Wasser. Um abzunehmen, wie er sagte. C² aß aus lauter Frust über den unguten Verlauf des Sonntagnachmittags hintereinander eine Suppe mit Kokosmilch und einen Haufen Gemüse mit Rindfleisch. Der Kandidat schwieg. Sie wolle ihn wohl nicht ein zweites Mal treffen, frug er irgendwann. C² verneinte. Das, so seufzte der Mann, habe er sich schon gedacht. Ob er ihr Essen denn trotzdem bezahlen solle? Die leicht irritierte C² bestand auf getrennter Bezahlung, und ließ sich die Dessertkarte kommen. Tja, so sprach der Kandidat. Dann müsse dieser Versuch der Partneranbahnung wohl als gescheitert angesehen werden, und erhob sich. Er werde jetzt fahren und wünsche ihr noch viel Glück bei der weiteren Suche. Er gebe aber zu bedenken, dass die Suche schwierig würde, versteife man sich zu sehr auf das Aussehen des Partners. Das, so sagte die C², solle der Kandidat ihre Sorge sein lassen, und bestellte eine gebratene Banane mit Eis. Der Kandidat verabschiedete sich. Auf Wiedersehen, sagte der Mann, schon halb im Gehen, und wandte sich ein paar Meter vor der Tür noch einmal um. Ob C² sein Wasser mitbezahlen könne.
„Das hört sich ja grässlich an.“, bedaure ich die geschätzte Freundin für den vertanen Sonntagnachmittag. „Halb so wild.“, winkt die C² ab. Hätte ja auch klappen können. Und ob eine solche Möglichkeit der Partnersuche nicht auch etwas für mich wäre.
Auf keinen Fall, sage ich.
von: Modeste Schublade: Liebe Freunde Datum: 31. Mai. 2005, 8:51 Uhr
Ich hatte da allerdings, einige Jahre ist es her, eine gegenteilige Erfahrung.
Ich antwortete auf eine Kontaktanzeige, die ich ganz vielversprechend fand,
die Betreffende lud mich, Axtmördergeschichten nichteingedenk, zu sich nach Hause ein,
ich brachte rote Rosen mit, wir kamen uns schnell näher und lagen beim zweiten Treffen
miteinander im Bett. Etwas Großes wurde nicht draus, nur eine nette kleine
Gelegenheitsaffaire, aber bereut habe ich dieses Techtel jedenfalls nicht.