Nichts.
"Nichts!", jammere ich. Alles durchgelesen, was da ist, und die Beschreibung der Neuerscheinungen in der Zeitung reizt mich nicht im Geringsten. Ich war Samstag nacht sogar auf dem Rückweg vom Essen mit der I. und dem S. zum Bus noch bei Dussmann und habe da beim Durchschlendern auch nichts gefunden. Es ist aber auch nicht einfach. Ich interessiere mich nicht für "radikale" Schilderungen von irgendwas oder für Bücher, die einen "ganz neuen Ton" treffen. Das Humorig-Launige allerdings liegt mir auch nicht.
Ich will grundsätzlich nie wissen, wer wen umgebracht hat, und ich interessiere mich ganz ausgesprochen nicht für gesellschaftliche Randgruppen. Ich mag mich nur mit wirklichen Problemen auseinandersetzen wie Haarausfall oder Langeweile oder die Frage, ob man jemanden lieben kann, der nackt komisch aussieht.
Das letzte Buch, das ich ungelesen weggeworfen habe, war von Dietmar Dath. Das letzte Buch, das ich gelobt habe, war gestern abend gegenüber dem liebenswürdigen J. die Autobiographie von Christopher Hitchens. Zuletzt - mit zehn Jahren Abstand - zweimal gelesen habe ich Wilhelm Speyers "Charlott etwas verrückt".
Nun ist mein Nachttisch leer. Mir ist langweilig. Helfen Sie mir.
Ganz ernsthaft, das Muttiversum interessiert mich nicht, und wer diesen ganzen Ratgebermist kauft, frage ich mich seit Jahren im Wesentlichen ergebnislos.
Ich habe mein erstes Kind mit 20 bekommen und mir damals lediglich für 2 oder 3 Jahre die Eltern-Zeitschrift gekauft. Darin besonders die Kolumnen von hans Grothe geliebt, sowas wie der deutsche Jesper Juul. Danach nie wieder einen Ratgeber oder ähnliches, geschweige denn Mitglied in irgendeinem Forum gewesen. Habe jetzt mein 3. Kind zu 100% nach Bauchgefühl groß bekommen und was soll ich sagen: funktioniert bestens. Bei Ihnen sicher auch.
Mich wundert die Hausse der Ratgeberliteratur. Ich käme nicht so schnell auf die Idee, Bücher zu kaufen, in denen Leute mir erklären, wie man als Freundin, als Vorgesetzte, als Tochter oder eben als Mutter agiert. Mir erscheint das merkwürdig unselbständig, so ein beständiges Schielen darauf, wie es die anderen oder vermeintliche Experten machen. Gerade die Masse an Büchern über kleine Kinder wundert mich. Die Menschheit lernt doch seit Jahrtausenden laufen und sprechen, schlafen und aufs Töpfchen gehen. Wozu also diese Massen von Literatur, die all dies problematisieren? Ich denke allerdings auch nicht, dass hier allzu viel schiefgehen kann. Die Sorge, man mache irgendwas falsch, und das Kind nehme auf ewig Schaden, teile ich nicht. Ich denke, die kleinen Biester sind ganz schön robust.
wie auch immer: es gibt in der tat unzählige ratgeber, die von den verlagen durch verkaufssteigernde bearbeitung zu bestsellern verwurstet werden.
es gibt aber auch einige sehr gute bücher, die in erster linie nicht sagen wie man als mutter agieren soll, sondern wissenschaftlich erklären, was da im hirn des kleinen wesens, dass da plötzlich amok läuft und den kopf auf die treppenstufen schlägt, vor sich geht. die entsprechende (richtige) reaktion mag jeder dann für sich selbst ableiten.
ob man das alles wissen muss? auch das ist sicher eine persönliche einstellung zur sache. da das hinterfragen aller möglichen dinge grundgegenstand meines berufes ist, gehört es für mich dazu, gerade bei meinem kind auch mehr über das warum wissen zu wollen.
zum thema robust bin ich völlig anderer auffassung als sie. mein lieblingsdialog ist:
person a, kommentar in einem erziehungsbereich freier wahl von sich gebend:
"… das hat uns doch auch nicht geschadet!"
ich: "doch!"
nichtsdestotrotz stimme ich zu: es ist etwas wunderbares, mit einer ordentlichen portion bauchgefühl und einem guten selbstverständnis ausgestattet zu sein. ich wünsche ihnen, dass sie das nie verlieren.
es ist nämlich selten nur die einzelperson. die anzahl der durch seltsame "erziehung" tendenziell bis stark gestörten ist nämlich nach wie vor grenzwertig. und da klammere ich mich nicht bei aus.