Donnerstag, 10. März 2005

Kuchen statt Krieg

Als das Telephon klingelt, habe ich gerade eine Haarkur auf und eine Menge Fußnoten im Kopf, und der Aufsatz ist eilig. „Ja?“, gnatze ich in den Hörer. Es ist die Grundschullehrerin. Und es tut ihr leid. „Keine Ursache.“, sage ich. Es war wohl ihr Freund, dem das neue Oberteil besser gefallen haben muss als der Grundschullehrerin, und der den ganzen langen Abend über wohl mehr mit dem Oberteil gesprochen haben muss, als zumindest mir aufgefallen war.

„Komm´“, sage ich. „Lass mich fertig werden und wir gehen Kuchen essen.“ Hörbare Erleichterung am anderen Ende der Leitung. „War´s die Grundschullehrerin?“, tönt es aus der Küche. Und dass er sie angerufen hat. Mit einem hörbaren Knacken rastet die Welt wieder ins Lot.

Wer ein stabiles Ego über hat, möge es in Seidenpapier einschlagen und ´rüberschicken. Es winkt eine fürstliche Belohnung.

Höchstpersönlicher Vernichtungsfeldzug

Irgendwo im Kleingedruckten der zehn Gebote findet sich die gewichtige Anordnung, nie im Leben über Frauen herzuziehen, die besser ausssehen als man selbst. Umgekehrt geht das durchaus, so darf eine Schönheit über mich in meinem neuen Oberteil jederzeit öffentlich äußern, dass die arme Modeste es ja auch nicht leicht habe, etwas anzuziehen zu finden. Keilt die gedemütigte Seele dann mit dem Hinweis auf die Tatsache, dass besagte Person selber zugegeben hat, „Schokolade zum Frühstück“ zweimal gelesen zu haben, zurück, so fällt das Fallbeil: Man habe den Zickenkrieg ausgerufen.

Aus Solidarität von männlicher Seite darf man dabei nicht hoffen. Ich habe schon oft in vergangenen 28 Jahren bedauert, den Dreh zum zarten und hilfsbedürftigen Reh nicht geschafft zu haben. Auch aus der Psyche netter Menschen entspringt in derartigen Momenten ein Ritter, der sich schwertzückend vor die arme Grundschullehrerin wirft, die den Attacken einer skrupellosen Paragraphenquälerin nur hilflose Tränen entgegenzusetzen habe.

Eigene Appelle an die Ritterlichkeit der näheren menschlichen Umgebung unter Hinweis auf die weichen Flanken der eigenen Persönlichkeit verfangen dabei grundsätzlich nie. „Ach, Modeste,“, heißt es dann. „du bist doch nicht der Typ, der sich so etwas zu Herzen nimmt.“ Auch gern genommen: Wer austeilt, muss auch einstecken können.

Auswege aus diesem Dilemma gibt es eigentlich keine. Einen grundsätzlichen Umbau der eigenen Persönlichkeitsstruktur stelle ich mir auch eher problematisch vor. Und auch derjenige, der Hilfe von zufällig anwesendem Besuch erwartet, wird in dieser Erwartung bitter enttäuscht werden: „Nun hab´ dich doch nicht so, ruf´ sie einfach an und sag´, dass ihr die Sache vergessen wollt. Komm - der Klügere gibt nach und die Sache ist vom Tisch.“

Spätestens, wenn diese Worte langsam in den morgendlichen Tee träufeln, ist natürlich alles zu spät. Noch vor dem Aufstehen, also leicht verquollen und extrem kurzsichtig, wird der Besuch auf die Suche nach dem Telephon geschickt, das Notebook hochgefahren und das Adressbuch nach möglichen Verbündeten durchsucht.

Nun denn. Angriff der C. von der linken Flanke. R. und J. als Deckung im Unterholz. Sollen die Bataillone rollen, Gefangene werden keine gemacht. Rücksichtnahme auf die öffentliche Meinung erübrigt sich.


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