30.03.2012
Ich bin ja so schlecht im Zuhausebleiben. Ich langweile mich irrsinnig schnell. Ich habe auch gern Leute um mich. Mit denen muss ich nicht immerzu sprechen, aber einfach anwesend sein sollen sie doch, und so habe ich nicht nur meine Diss zu ganz erheblichen Teilen im LassunsFreundebleiben in der Choriner Straße geschrieben. Ich habe auch meine Berufswahl danach getroffen, dass da möglichst ein Haufen Leute sind. Arbeiten ohne Kollegen kann ich mir nämlich nicht vorstellen, und wenn ich frei habe, gehe ich gern weg.
Nun ist das Ausgehen mit einem kleinen Kind nicht ganz einfach. Entweder ist der J. zu Hause und passt auf das Kind auf, aber dann schafft man es ja gar nicht mehr gemeinsam vor die Tür. Oder man geht zu zweit weg, aber dann muss das Kind mit. Bars scheiden damit praktisch aus, denn da wird fast durchweg geraucht. Ich meine mich an eine Berliner Rauchergesetzgebung zu erinnern, indes wird diese - wie man so sagt - ganz offensichtlich nicht gelebt. Also keine Bars, zumindest nicht zu zweit.
Bleiben also Restaurants. Der Kleine kennt inzwischen (lassen Sie mich rechnen) alle vier Stammitaliener. Die Ming Dynastie an der Jannowitzbrücke. Die Kimchi Princess in Kreuzberg. Das Mao Thai. Das Filetstück, aber bisher nur mittags. Irgendwann waren wir auch Chez Maurice und mehrfach im Alt Wien. Ausgespart allerdings bisher und damit auch von J. und mir seit Januar nicht mehr frequentiert ist die Spitze der Berliner Gastronomie, dort, wo die Hauben wachsen und Sommeliers durch die Speisesäle eilen.
"Ich möchte schon mal wieder richtig gut essen gehen.", beklage ich mich also beim J. am Freitag abend in der - sehr netten - Pizzeria Mami Camilla. Ich will ins Reinstoff. Ich will zu Tim Raue und ins Rutz. Ich möchte zumindest einmal wieder ins Paris Moskau. Und sobald ich deutlich abgespeckt wieder halbwegs normal aussehe, soll es auch der Grill Royal wieder sein. Im neuen Restaurant in der Jüdischen Mädchenschule in Mitte war ich auch noch nicht.
"Dann lass uns das doch einfach machen.", meint der J. und schaukelt Kind F. sanft an der Schulter hin und her. Mit weit geöffneten Augen schaut der F. sich die anderen Gäste und die Raumgestaltung an. "Die werden uns hassen.", meine ich und erinnere mich an ein paar böse Artikel über Eltern, die ihre Kinder überall hin mitschleppen, wo andere Leute störungsfrei vor sich hin existieren möchten. Vermutlich werden gleichzeitig Anwesende sich in Zeitungen darüber beschweren, dass man nicht einmal mehr oberhalb der Sommeliergrenze von minderjährigem Gesocks verschont bleibt, und im schlimmsten Fall werden wir photographiert und als ganz besonders abschreckendes Beispiel für öffentliche Belästigungen ausgestellt.
"Ich habe da noch nie Säuglinge gesehen.", gebe ich zu bedenken und male mir aus, wie unser Baby im Margaux kräftig rülpst oder durch den Raum getragen werden will. Zum Brüllen neigt der Kleine zum Glück nicht, aber was, wenn er unverhofft Hunger bekommt? Ist es also nicht besser, Besuche der Hochgastronomie auf die zweite Jahreshälfte zu verschieben, wenn er etwas größer ist und Babysitter beschäftigt werden können? Sollte ich meine Mutter einladen, die dann den Abend über den Kleinen hütet, während der J. und ich essen gehen? Oder ist hier Dickfelligkeit gefragt, und ich sollte einfach reservieren: Ein Tisch für zwei mit genug Platz für den Kinderwagen. Ja, um acht. Und dann in aller Seelenruhe drei Stunden lang essen.
Ach ja, Sie haben neulich so einen schönen Post über das Nichtstun verfasst., ich war richtig neidisch, denn ich kann das so schlecht. Ich dachte schon, nur ich sei so schlecht im Zuhausebleiben. Ich muss immer raus (das hat sich mit Kindchen nicht geändert, auch zieht es mich weder in ein Haus, noch aufs Land), sonst fällt mir die Decke auf den Kopf. Unter Leute, ins Leben, in die Stadt. Viel Spaß beim Essengehen!