Polemischer Anfall braver Juristin

Ich habe gern studiert. Acht Semester Jura inklusive ein bißchen Wildern in jenen Gefilden, wo die dicken Bücher wohnen. Ein Auslandsemester war auch dabei. Ein paar Praktika hier und dort, eine Stelle als studentische Hilfskraft, und schließlich das Staatsexamen nach einem einjährigen sauteuren Repetitorium, aus Angst und weil es alle machen. Das ganze Vergnügen hat ein Schweinegeld gekostet. Und wer behauptet, ohne Geld ließe sich genauso komfortabel studieren, dem spucke ich höchstpersönlich auf die gelackten Schuhe und schicke ihn zur Frau Eriador, deren Beitrag ich leider noch nicht kannte, als ich vorhin mit einigen teilweise noch studierenden Bekannten essen war, die sich alle so mächtig auf die tolle neue Uniwelt gefreut haben, bis mir der Wein nicht mehr schmeckte, und ich so polemisch zu werden drohte, dass ich ganz schnell nach Hause fahren musste.

Kommen zu den Kosten, die ohnehin gegenwärtig schon mit einem Studium verbunden sind, nun auch noch Gebühren hinzu, so kann mir keiner erzählen, dass das nicht Leute vom Studium abschreckt oder das Studium gleich ganz verhindert. Geld, das nicht da ist, kann man eben einfach nicht ausgeben. Und dem Verweis auf Stipendien oder Darlehen traue ich erst, wenn auch diese Programme auf dem Tisch liegen, und nicht nur die Referentenentwürfe für die Zahlungsverpflichtung. Mit entsprechender sozialer Abfederung habe ich nichts gegen Studiengebühren, wenn es denn erforderlich sein sollte. Ich sehe nur weder Notwendigkeit noch Nutzen.

Das ausgerechnet jetzt Forderungen nach Studiengebühren laut werden, dürfte im übrigen keinen Zufall darstellen. Ich bin weder eine Freundin der politischen Linken noch werfe ich mich im Regelfall Verschwörungstheorien an den schrundigen Hals – aber es sollen seit dem Ende des Systemgegensatzes schon einige Anzeichen für eine gewisse grundlegende politische Umgestaltung der Bundesrepublik gesichtet worden sein.

Hat der Gremliza doch recht behalten.
Eriador - 27. Jan. 2005, 9:28 Uhr

Danke : ) ich schicken Sie gerne alle bei mir vorbei, ich hab dazu bestimmt noch ein paar Takte zu sagen, bestätigt das hier um so mehr meine Theorie, dass Studiengänge wie Jura und Medizin (u.a.) jetzt schon nur schwer für jene durchzustehen sind, die nichts oder zu wenig haben und dass diese in Zukunft ganz darauf verzichten werden müssen. Auf in die 2-Klassen-Gesellschaft! Schwenkt die Fahnen und rennt lachenden Gesichtes in den Untergang der sozialen Gerechtigkeit.
Modeste - 27. Jan. 2005, 10:18 Uhr

Danke für den Zuspruch,

ich war gerade nach zwei ungehaltenen E-Mails aus meinem näheren menschlichen Umfeld drauf und dran mein zugegebenermaßen vielleicht nicht sehr sachliches Posting zu löschen. Ich möchte - um weitere Missverständnisse zu vermeiden - an dieser Stelle daher deutlich klarstellen, dass es mir fernliegt, die Studienleistungen wohlhabender Studenten kleinzureden. An meiner Meinung halte ich ansonsten unverändert fest.

(Dies scheint nicht die Woche der gelungenen menschlichen Interaktion zu sein - verzeiht´s mir alle zusammen: ich bin auf Nikotinentzug)
Eriador - 27. Jan. 2005, 14:59 Uhr

Ich glaube mit dem Thema tritt man immer auf Zehen, ich will auch nicht all jene über einen Kamm scheren, die sich beim Studieren ein wenig mehr dem widmen können, um das es eigentlich geht, aber ich finde es auch falsch, von 'denen' auszugehen und darüber das Schicksal aller zu entscheiden. Ich gönne jedem seinen finanziellen Beistand, sollte ich doch mal Kinder bekommen, hoffe ich auch, dass ich ihnen den geben kann, wenn nicht, hoffe ich aber auch, dass sie trotzdem studieren können was sie wollen, wenn sie wollen.

(Darüber hinaus, das hier ist Dein Blog, da solltest Du die Freiheit haben, Dich nach eigenem Gutdünken auszutoben und die Überschrift gibt einem doch schon Aufschluss darüber, was folgt, Polemik ist nun mal nicht sachlich, dass sollte mittlerweile jeder gelernt haben)
; )
pathologe - 27. Jan. 2005, 10:19 Uhr

Umverteilung?

Sehe ich diese Diskussion richtig, dass es sich hier um eine reine Umverteilung handelt?

Meines Wissens nach gab es ja für monetär schwächer gestellte Studenten sogenanntes BAFÖG (Bundesausbildungsförderungsgesetz?). Wird dies nun in BUFÖG (Bundesuniversitätsförderungsgesetz) umbenannt? Damit es direkt den Hochschulen zur Verfügung gestellt werden kann? Und der Student nach Abschluss es trotzdem zurückzahlen darf? Er hat es ja schließlich auch mal zwei Tage auf seinem Konto parken dürfen...

Ich gestehe, ich habe nie BAFÖG beantragt. Habe studiert und nebenbei gearbeitet, um das Studium zu finanzieren. Aber halt nur FH. Aber pro Semester noch mal 500 Euronen zusätzlich aufbringen, das wäre nur auf Kosten der Vorlesungen gegangen, ergo hätte ich ein Semester dranhängen müssen. Kaum vorstellbar, bei Studienzeitbegrenzung.
2R - 28. Jan. 2005, 13:26 Uhr

doppelte umverteilung?

hi, bin neu aber geb trotzdem meinen senf dazu =)

ich glaube nämlich das wird sogar eine doppelte umverteilung. die studiengebühren werden die universitäten bestimmt nicht bereichern, sondern lediglich im gegenzug gekürzte bildungssubventionen abfedern. ich glaube im leben nicth, dass studiengebühren einen nennenswerten finanziellen bonus für universitäten darstellen werden. das glaub ich erst wenn ichs mit eigenen augen sehe. studiengebühren werden wohl eher den subventionsabbau im bildungsektor finanzieren, absolventenzahlen verringern und soziale ungerechtigkeit verstärken. wenn das so weiter geht muss ich wohl auch regelmäßig konkret und die junge welt lesen, hehe.

schönes blog übrigends. gefällt mir. hier schau ich öfter mal rein=)

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