L`Education Sentimentale
Von jenen Menschen, die mich ihre Cousine nennen, schätze ich im wesentlichen zwei, den Ältesten und den Jüngsten. Jener, so reizend, wie ein sechzehnjähriges Einzelkind es zu sein vermag, führt gegenwärtig ein beschauliches Leben in einem süddeutschen Universitätsstädtchen, woselbst sich sein Vater der Forschung über einen extrem irrelevanten Bereich menschlichen Lebens hingibt.
Es muss ein wenig spröde zugehen in diesem Kaff, oder vielleicht liegt es auch nur an der seelischen Prädisposition meines jugendlichen Cousins: Wie mir gestern im Rahmen eines Telephonats mitgeteilt wurde, wollen die Mädchen nicht so wie er.
Sollte die Darstellung dieser Problemlage eine Bitte um Rat und Hilfe enthalten haben, so ist der Kleine bei mir selbstverständlich an der völlig falschen Adresse. Ich verfüge über keinerlei Sachverstand bezüglich der Frage, wie man sich die weibliche Bürgerschaft eines badischen Regionalzentrums gefügig macht. Einen Ratschlag jedoch konnte ich meinem jugendlichen Cousin vermitteln: Die gegenwärtig verfolgte Strategie ist
völlig falsch.
Mein Cousin, so erfahre ich, obliegt mit großer Freude dem Besuch einer Kunstwerkstatt, wo die ältere geschiedene Frau eines ortsansässigen Orthopäden der lokalen Jugend im Rahmen ihrer Möglichkeiten Zeichenunterricht erteilt und Einführungen ins Freie Malen vermittelt. Ob mein Cousin nun besonders begabt oder nur besonders begeistert ist, vermag ich nicht zu beurteilen – ich habe nie ein Bild gesehen. Um aber nicht nur in den mickerigen zwei Stunden pro Woche in der Kunstwerkstatt der Kunst huldigen zu können, hat mein Cousin sich eine Art Atelier im Keller eingerichtet, wo es zwar etwas dunkel, aber immerhin ungestört zugeht.
Neben der Kunst verehrt mein kleiner Cousin nicht nur die Mädchen generell, sondern ein ganz bestimmtes Mädchen speziell, unglücklicherweise aus der Klassenstufe über ihm. Die Darstellungen des wochenlangen Umkreisens lasse ich hier jetzt einfach einmal aus – schlussendlich überredete mein Cousin das Mädchen vor ungefähr zwei Wochen zu einem Tee in seinem Atelier.
Die Kleine zeigte sich ziemlich angetan über die Hervorbringungen meines Cousins, mein Cousin wuchs auf der Stelle mehrere Centimeter, und wagte schließlich die entscheidende Frage an sie zu richten. Ober er sie malen dürfte.
„Malst du denn gegenständlich?“, frage ich den Kleinen. „Ach was,“, sagt der Cousin, es gehe hier mehr um die Inspiration, wenn ich verstehe, was er meint. Ob ich es verstehe oder nicht – die Kleine verstand, kam mehrere Tage lang in den Keller und saß stundenlang auf einem alten Cordsofa, während mein Cousin bunte Farben auf große Tapetenstreifen warf.
Vor einigen Tagen sagt sie ab. Sie habe keine Zeit mehr, sie hoffe, mein Cousin werde auch ohne sie fertig, und ansonsten sehe man sich ja in der Schule. Mein Cousin ist untröstlich.
„Hast du irgend etwas gesagt, was sie hätte missverstehen können?“, frage ich. „Nein,“, stößt mein Cousin hervor. „Nichts habe ich gesagt, ich kann beim Malen gar nicht sprechen.“ Etwas erstaunt bohre ich nach. „Nein,“, insistiert der Kleine. Er spreche beim Malen nie. „Ich will sie ja auch nicht bequatschen oder totlabern, das muss ihr doch wahnsinnig auf den Geist gehen.“ Mit den Waffen der Kunst hoffte er sie zu beeindrucken. Ein Mädchen verliebt sich doch nicht in „irgendsoeinen Laberkopf“.
Behutsam versuche ich dieses grundsätzliche Mißverständnis über die weibliche Natur auszuräumen. Der Kleine stellt sich quer. Er wird es schwer haben im Leben.
Es muss ein wenig spröde zugehen in diesem Kaff, oder vielleicht liegt es auch nur an der seelischen Prädisposition meines jugendlichen Cousins: Wie mir gestern im Rahmen eines Telephonats mitgeteilt wurde, wollen die Mädchen nicht so wie er.
Sollte die Darstellung dieser Problemlage eine Bitte um Rat und Hilfe enthalten haben, so ist der Kleine bei mir selbstverständlich an der völlig falschen Adresse. Ich verfüge über keinerlei Sachverstand bezüglich der Frage, wie man sich die weibliche Bürgerschaft eines badischen Regionalzentrums gefügig macht. Einen Ratschlag jedoch konnte ich meinem jugendlichen Cousin vermitteln: Die gegenwärtig verfolgte Strategie ist
völlig falsch.
Mein Cousin, so erfahre ich, obliegt mit großer Freude dem Besuch einer Kunstwerkstatt, wo die ältere geschiedene Frau eines ortsansässigen Orthopäden der lokalen Jugend im Rahmen ihrer Möglichkeiten Zeichenunterricht erteilt und Einführungen ins Freie Malen vermittelt. Ob mein Cousin nun besonders begabt oder nur besonders begeistert ist, vermag ich nicht zu beurteilen – ich habe nie ein Bild gesehen. Um aber nicht nur in den mickerigen zwei Stunden pro Woche in der Kunstwerkstatt der Kunst huldigen zu können, hat mein Cousin sich eine Art Atelier im Keller eingerichtet, wo es zwar etwas dunkel, aber immerhin ungestört zugeht.
Neben der Kunst verehrt mein kleiner Cousin nicht nur die Mädchen generell, sondern ein ganz bestimmtes Mädchen speziell, unglücklicherweise aus der Klassenstufe über ihm. Die Darstellungen des wochenlangen Umkreisens lasse ich hier jetzt einfach einmal aus – schlussendlich überredete mein Cousin das Mädchen vor ungefähr zwei Wochen zu einem Tee in seinem Atelier.
Die Kleine zeigte sich ziemlich angetan über die Hervorbringungen meines Cousins, mein Cousin wuchs auf der Stelle mehrere Centimeter, und wagte schließlich die entscheidende Frage an sie zu richten. Ober er sie malen dürfte.
„Malst du denn gegenständlich?“, frage ich den Kleinen. „Ach was,“, sagt der Cousin, es gehe hier mehr um die Inspiration, wenn ich verstehe, was er meint. Ob ich es verstehe oder nicht – die Kleine verstand, kam mehrere Tage lang in den Keller und saß stundenlang auf einem alten Cordsofa, während mein Cousin bunte Farben auf große Tapetenstreifen warf.
Vor einigen Tagen sagt sie ab. Sie habe keine Zeit mehr, sie hoffe, mein Cousin werde auch ohne sie fertig, und ansonsten sehe man sich ja in der Schule. Mein Cousin ist untröstlich.
„Hast du irgend etwas gesagt, was sie hätte missverstehen können?“, frage ich. „Nein,“, stößt mein Cousin hervor. „Nichts habe ich gesagt, ich kann beim Malen gar nicht sprechen.“ Etwas erstaunt bohre ich nach. „Nein,“, insistiert der Kleine. Er spreche beim Malen nie. „Ich will sie ja auch nicht bequatschen oder totlabern, das muss ihr doch wahnsinnig auf den Geist gehen.“ Mit den Waffen der Kunst hoffte er sie zu beeindrucken. Ein Mädchen verliebt sich doch nicht in „irgendsoeinen Laberkopf“.
Behutsam versuche ich dieses grundsätzliche Mißverständnis über die weibliche Natur auszuräumen. Der Kleine stellt sich quer. Er wird es schwer haben im Leben.
von: Modeste Schublade: Familienalbum Datum: 22. Feb. 2005, 10:52 Uhr
Ihr Cousin muss einen langen Atem haben!