Eremitische Anfälle
In längst vergangenen Zeiten und weit entfernten Regionen, sagt man, leben Menschen auf teilweise engstem Raum. Mit zehn Personen auf weniger als 40 Quadratmetern führen diese Leute ein beengtes, aber wie man alldieweil hört, häufig fröhliches Dasein, erfreuen sich der Nähe ihrer Großfamilie und sind überhaupt nie allein. Die Wärme ihrer Sippe umgibt sie wie ein schützendes Tuch, sie kochen, essen und spielen Gesellschaftspiele und wenn sie traurig sind, nimmt sie jemand in den Arm.
In der Gegenwart leben vereinzelte Singles in riesengroßen Wohnungen. Sie essen im Stehen, sie schreiten an Sonntagnachmittagen langsam durch den Volkspark Friedrichshain und sehen den Familien mit den spielenden Kindern und den großen Hunden hinterher.
Ich beneide diese Menschen.
„Wo hast du den Tee?“, mein Besuch reißt die Zimmertür auf. „Wollen wir ein bißchen spazierengehen?“, fragt der andere Besuch. „Was hältst du von einer Wohnung in der Bötzowstraße?“, „Kochen wir oder gehen wir was essen?“, dann klingelt das Telephon und T. begehrt Einlass in die häusliche Idylle zwischen Koffern und Reisetaschen, über die man auf dem Weg ins Bad morgens stolpert.
„Stehst du immer so spät auf?“, wird man geweckt. „Soll ich die Wohnung nehmen?“, fragt der eine Besuch und ist beleidigt, wenn man sich der konkreten Einzelheiten dieser einen von ungefähr zwanzig potentiellen Bleiben gerade so gar nicht erinnert. „Wie sieht´s aus mit Theater?“, fragt der eine Besuch, „Warst du schon in der Pollock-Ausstellung?“, will der andere Besuch wissen, und wer sich auf dem Sofa liegend gerade gar nicht unterhalten will, wird besorgt gefragt, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei.
„Wollt ihr nicht irgendwo Kaffee trinken gehen?“, herrsche ich die beiden Herren an. „Du bist sauer, stimmt´s?“, tönt es nach dreißíg Sekunden peinvoller Stille.
Nein. Sage ich. Bin ich nicht. Lasst mich nur alle in Ruhe. Und dann stehe ich auf dem Balkon und schaue sehnsuchtsvoll auf den beleuchteten Fernsehturm. Ach, denke ich. Ich hätte auf Säulenheilige studieren sollen, aber dafür ist es nun zu spät.
In der Gegenwart leben vereinzelte Singles in riesengroßen Wohnungen. Sie essen im Stehen, sie schreiten an Sonntagnachmittagen langsam durch den Volkspark Friedrichshain und sehen den Familien mit den spielenden Kindern und den großen Hunden hinterher.
Ich beneide diese Menschen.
„Wo hast du den Tee?“, mein Besuch reißt die Zimmertür auf. „Wollen wir ein bißchen spazierengehen?“, fragt der andere Besuch. „Was hältst du von einer Wohnung in der Bötzowstraße?“, „Kochen wir oder gehen wir was essen?“, dann klingelt das Telephon und T. begehrt Einlass in die häusliche Idylle zwischen Koffern und Reisetaschen, über die man auf dem Weg ins Bad morgens stolpert.
„Stehst du immer so spät auf?“, wird man geweckt. „Soll ich die Wohnung nehmen?“, fragt der eine Besuch und ist beleidigt, wenn man sich der konkreten Einzelheiten dieser einen von ungefähr zwanzig potentiellen Bleiben gerade so gar nicht erinnert. „Wie sieht´s aus mit Theater?“, fragt der eine Besuch, „Warst du schon in der Pollock-Ausstellung?“, will der andere Besuch wissen, und wer sich auf dem Sofa liegend gerade gar nicht unterhalten will, wird besorgt gefragt, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei.
„Wollt ihr nicht irgendwo Kaffee trinken gehen?“, herrsche ich die beiden Herren an. „Du bist sauer, stimmt´s?“, tönt es nach dreißíg Sekunden peinvoller Stille.
Nein. Sage ich. Bin ich nicht. Lasst mich nur alle in Ruhe. Und dann stehe ich auf dem Balkon und schaue sehnsuchtsvoll auf den beleuchteten Fernsehturm. Ach, denke ich. Ich hätte auf Säulenheilige studieren sollen, aber dafür ist es nun zu spät.
von: Modeste Schublade: Datum: 13. Mär. 2005, 19:49 Uhr