Problematische Entwicklungen im Leben der A.
„Die Verbindung ist so schlecht.“, brülle ich in den Hörer, aber vielleicht liegt das Verständigungsproblem auch nur an der Ringbahn, die gerade einfährt. „Kann ich mal A. sprechen?“, verstehe ich schließlich. Am anderen Ende spricht A.´s Freund. A´s Vater habe einen Unfall gehabt, und ihr Handy sei aus.
Leider kann A.´s Freund die A. keinesfalls sprechen, zumindest nicht über mein Telephon, denn A. befindet sich nicht in meiner Begleitung. Allein, das Telephon am Ohr, steige ich in die Bahn. Noch vier Stationen.
„A. ist gar nicht bei mir.“, antworte ich ihrem Freund also brav, und stelle ein paar Überlegungen an, wo sich A. aufhalten könnte. Vielleicht bei R.? Nein, R. besucht ihre Eltern in der Pfalz. Der M., den A. auch des öfteren zu besuchen pflegt, befindet sich in der Volksbühne, um auf mein dringendes Anraten endlich den „Meister und Margarita“ zu Gesicht zu bekommen, und die meisten anderen Freundinnen der A. kenne ich nur oberflächlich. „Bedaure.“, sage ich deswegen, aber A.´s Freund beharrt auf einem gemeinsamen Abend der A. mit mir, der uns erst ins reizende „Visite ma tente“ hätte führen sollen, und dann weiter Richtung Mitte. Nein, widerspreche ich und stelle klar, dass ich gerade von einer Bekannten in Neukölln komme.
Vielleicht lag´s am Grünen Veltliner, vielleicht war´s auch die Uhrzeit – erst kurz nach dem S-Bahnhof Storkower Straße durchfuhr mich die Erkenntnis, wo A. sich befinden könnte. Wie man sie dort erreicht, war mir indes unbekannt.
Ein paar Monate ist es her, da traf die A. im Rahmen einer öffentlichen Tanzveranstaltung in einem damals noch in der Charlottenstraße beheimateten Lokal einen Mann, den sie uns stets als ein wenig einfach, aber um so mehr anderweitig begabt beschrieb. Zu sehen bekam jenen wohl äußerst muskulösen Herrn nie auch nur eine einzige mir bekannte Seele, seine Telephonnummer wurde nicht einmal für Notfälle herausgegeben, denn die A. habe ja ein Mobiltelephon. Gerecht und den Rahmen allgemeiner Wahrscheinlichkeit nicht sprengend rief A. fortan recht regelmäßig alle ihre Freunde und Bekannten an, um anzusagen, welchen der kommenden Abende sie vorgeblich bei ihnen verbrächte. Heute musste sie den warnenden Anruf vergessen haben.
Da der tumbe, aber begabte Jüngling sich auch über die Telephonbücher von Mittelsmännern jeglicher Erreichbarkeit entzog, blieb mir nur ein besorgter Schlaf und einige dringende und warnende Hinweise auf A.´s Mailbox. Vermutlich füllten gerade abwechselnd ihr Freund und ich die Mailbox voll mit der Bitte, sich sofort zu melden.
Morgens um kurz vor acht ist es dann soweit. A. hängt vollkommen fertig am Telephon, diesmal Festnetz. „Wieso hast du nicht gesagt, ich wäre kurz Tickets stempeln?“, jammert A. schon ein wenig hysterisch und macht mir ein wenig Vorhaltungen. Ich verweise schlaftrunken auf den unterbliebenen Warnanruf, und meine mangelhaften ehebruchverheimlichenden Reflexe. A. schluchzt ein wenig.
Nach A.´s ein wenig unzusammenhängender Darstellung muss sie gegen drei Uhr die gemeinsame Wohnung erreicht haben und dort ihren zutiefst besorgten Freund angetroffen haben. Dieser, so die A., habe zunächst keinerlei Verdacht gehegt, die Nachricht vom väterlichen Unfall weitergegeben, und sodann zunächst mäßig interessiert gefragt haben, wo die A. eigentlich gewesen sei. „Mit Modeste in Mitte.“, oder so ähnlich mag die A.´s Antwort gelautet haben, und diese Mitteilung ließ den Freund nun doch ein wenig misstrauisch werden – ein Misstrauen, das sich im Verlauf der weiteren Nacht noch vertiefte, um schließlich einer unangenehmen Gewissheit Platz zu machen.
Ein zumindest zeitweiliges Ende der Auseinandersetzungen trat gegen halb acht ein, als der Freund zu seinem Arbeitsplatz aufbrach. A. ist nicht berufstätig.
„Komm doch her“, sage ich, und stehe erst einmal auf. Bestürzend wenig später klingelt die A., ich springe extrem seifig aus der Dusche, wickele mich in mehrere Handtücher und brühe Tee auf. Die Treppe hoch, langsamen und etwas schlurfenden Schrittes schleicht A.
„Komm, komm,“, sage ich. „nicht weinen.“, und setze die A. auf mein Sofa. A. verschüttet ein bißchen Earl Grey auf dem Boden, stellt die Tasche auf den Tisch und beginnt, laut und herzerreissend zu heulen. Alles sei aus.
„Der beruhigt sich schon wieder.“, meine ich, bin mir im Falle des Lebensgefährten von A. aber alles andere als sicher. A´s Freund, denke ich, mag ein netter Kerl sein, seine Vorstellungen von Grenzen und Verlauf einer Liebesbeziehung mögen jedoch den unsteten Realitäten der Gegenwart nur selten entsprechen.
Wie sich über einer weiteren Kanne Tee und einer Schale Blätterteiggebäck herausstellt, verbieten wohl auch unschöne Wahrheiten eine reibungslose Rückkehr der A. in den warmen Schoß der Beziehung. „Ich war so sauer!“, sagt A. und nippt an ihrer Teetasse. Sie muss ihm so ziemlich jede unangenehme Wahrheit über seine intimeren Fähigkeiten mitgeteilt haben, von der man gemeinhin sagt, dass sie im Manne schwerere Depressionen auszulösen in der Lage sei. „Armer Kerl.“, sage ich, denn A.´s Freund mag ein Stümper sein, er ist aber auch ein netter Zeitgenosse, an sich angenehm zurückhaltend, höflich und klug. Überdies, so gebe ich zu bedenken, gibt es bedauerlicherweise nicht viele Männer, die den Wunsch ihrer Freundin, lieber nicht zu arbeiten, großzügig respektieren. „Was soll ich denn auch machen?“, lamentiert die A. im Tonfall einer rein rhetorischen Frage und verweist auf die schrecklichen vier Monate ihrer Berufstätigkeit, die sie in der Personalabteilung eines mittelständischen Unternehmens verbracht hat.
Etwas später, so gegen elf, summt A´s nun wieder aufgeladenes Telephon. Ihr Freund habe sich ein paar Tage freigenommen, und fahre noch heute abend zu seinem Bruder. Wenn er zurückkehre am Wochenende, solle sie ihre Sachen gepackt haben und verschwunden sein. Er zahle ihr monatlich für ein halbes Jahr einen Unterhalt von € xxxx auf das ihm bekannte Konto, und ansonsten adieu.
A. ist verzweifelt und ringt wahrhaft die Hände. Wo sie denn hinsolle. Und es sei typisch – ihr Freund denke nie an sie. Fast hätte sie ihn geheiratet. Und es sei gut, dass es dazu nie gekommen sei. Sie könne gut auf ihn verzichten, so ein kleinlicher Charakter, aber was sie jetzt anstellen solle, sei ihm ja offenbar rundweg egal.
Ich wiegele ein bißchen ab, verweise auf die momentane Erregung des Freundes und vertröste auf nächste Woche, wenn er sich vermutlich wieder überlegt haben würde mit der Trennung auf ewig. Nun ist A. wieder am Schluchzen, ich ziehe mein Gästesofa aus, und nötige A. erst einmal zum Schlafen.
„Aber wenn er mich wirklich rauswirft, und ich finde keine andere Wohnung“, meint die A., zieht sich die Decke bis unter das Kinn und schaut mich vertrauensvoll an, „verklagst du ihn, gell?“
Leider kann A.´s Freund die A. keinesfalls sprechen, zumindest nicht über mein Telephon, denn A. befindet sich nicht in meiner Begleitung. Allein, das Telephon am Ohr, steige ich in die Bahn. Noch vier Stationen.
„A. ist gar nicht bei mir.“, antworte ich ihrem Freund also brav, und stelle ein paar Überlegungen an, wo sich A. aufhalten könnte. Vielleicht bei R.? Nein, R. besucht ihre Eltern in der Pfalz. Der M., den A. auch des öfteren zu besuchen pflegt, befindet sich in der Volksbühne, um auf mein dringendes Anraten endlich den „Meister und Margarita“ zu Gesicht zu bekommen, und die meisten anderen Freundinnen der A. kenne ich nur oberflächlich. „Bedaure.“, sage ich deswegen, aber A.´s Freund beharrt auf einem gemeinsamen Abend der A. mit mir, der uns erst ins reizende „Visite ma tente“ hätte führen sollen, und dann weiter Richtung Mitte. Nein, widerspreche ich und stelle klar, dass ich gerade von einer Bekannten in Neukölln komme.
Vielleicht lag´s am Grünen Veltliner, vielleicht war´s auch die Uhrzeit – erst kurz nach dem S-Bahnhof Storkower Straße durchfuhr mich die Erkenntnis, wo A. sich befinden könnte. Wie man sie dort erreicht, war mir indes unbekannt.
Ein paar Monate ist es her, da traf die A. im Rahmen einer öffentlichen Tanzveranstaltung in einem damals noch in der Charlottenstraße beheimateten Lokal einen Mann, den sie uns stets als ein wenig einfach, aber um so mehr anderweitig begabt beschrieb. Zu sehen bekam jenen wohl äußerst muskulösen Herrn nie auch nur eine einzige mir bekannte Seele, seine Telephonnummer wurde nicht einmal für Notfälle herausgegeben, denn die A. habe ja ein Mobiltelephon. Gerecht und den Rahmen allgemeiner Wahrscheinlichkeit nicht sprengend rief A. fortan recht regelmäßig alle ihre Freunde und Bekannten an, um anzusagen, welchen der kommenden Abende sie vorgeblich bei ihnen verbrächte. Heute musste sie den warnenden Anruf vergessen haben.
Da der tumbe, aber begabte Jüngling sich auch über die Telephonbücher von Mittelsmännern jeglicher Erreichbarkeit entzog, blieb mir nur ein besorgter Schlaf und einige dringende und warnende Hinweise auf A.´s Mailbox. Vermutlich füllten gerade abwechselnd ihr Freund und ich die Mailbox voll mit der Bitte, sich sofort zu melden.
Morgens um kurz vor acht ist es dann soweit. A. hängt vollkommen fertig am Telephon, diesmal Festnetz. „Wieso hast du nicht gesagt, ich wäre kurz Tickets stempeln?“, jammert A. schon ein wenig hysterisch und macht mir ein wenig Vorhaltungen. Ich verweise schlaftrunken auf den unterbliebenen Warnanruf, und meine mangelhaften ehebruchverheimlichenden Reflexe. A. schluchzt ein wenig.
Nach A.´s ein wenig unzusammenhängender Darstellung muss sie gegen drei Uhr die gemeinsame Wohnung erreicht haben und dort ihren zutiefst besorgten Freund angetroffen haben. Dieser, so die A., habe zunächst keinerlei Verdacht gehegt, die Nachricht vom väterlichen Unfall weitergegeben, und sodann zunächst mäßig interessiert gefragt haben, wo die A. eigentlich gewesen sei. „Mit Modeste in Mitte.“, oder so ähnlich mag die A.´s Antwort gelautet haben, und diese Mitteilung ließ den Freund nun doch ein wenig misstrauisch werden – ein Misstrauen, das sich im Verlauf der weiteren Nacht noch vertiefte, um schließlich einer unangenehmen Gewissheit Platz zu machen.
Ein zumindest zeitweiliges Ende der Auseinandersetzungen trat gegen halb acht ein, als der Freund zu seinem Arbeitsplatz aufbrach. A. ist nicht berufstätig.
„Komm doch her“, sage ich, und stehe erst einmal auf. Bestürzend wenig später klingelt die A., ich springe extrem seifig aus der Dusche, wickele mich in mehrere Handtücher und brühe Tee auf. Die Treppe hoch, langsamen und etwas schlurfenden Schrittes schleicht A.
„Komm, komm,“, sage ich. „nicht weinen.“, und setze die A. auf mein Sofa. A. verschüttet ein bißchen Earl Grey auf dem Boden, stellt die Tasche auf den Tisch und beginnt, laut und herzerreissend zu heulen. Alles sei aus.
„Der beruhigt sich schon wieder.“, meine ich, bin mir im Falle des Lebensgefährten von A. aber alles andere als sicher. A´s Freund, denke ich, mag ein netter Kerl sein, seine Vorstellungen von Grenzen und Verlauf einer Liebesbeziehung mögen jedoch den unsteten Realitäten der Gegenwart nur selten entsprechen.
Wie sich über einer weiteren Kanne Tee und einer Schale Blätterteiggebäck herausstellt, verbieten wohl auch unschöne Wahrheiten eine reibungslose Rückkehr der A. in den warmen Schoß der Beziehung. „Ich war so sauer!“, sagt A. und nippt an ihrer Teetasse. Sie muss ihm so ziemlich jede unangenehme Wahrheit über seine intimeren Fähigkeiten mitgeteilt haben, von der man gemeinhin sagt, dass sie im Manne schwerere Depressionen auszulösen in der Lage sei. „Armer Kerl.“, sage ich, denn A.´s Freund mag ein Stümper sein, er ist aber auch ein netter Zeitgenosse, an sich angenehm zurückhaltend, höflich und klug. Überdies, so gebe ich zu bedenken, gibt es bedauerlicherweise nicht viele Männer, die den Wunsch ihrer Freundin, lieber nicht zu arbeiten, großzügig respektieren. „Was soll ich denn auch machen?“, lamentiert die A. im Tonfall einer rein rhetorischen Frage und verweist auf die schrecklichen vier Monate ihrer Berufstätigkeit, die sie in der Personalabteilung eines mittelständischen Unternehmens verbracht hat.
Etwas später, so gegen elf, summt A´s nun wieder aufgeladenes Telephon. Ihr Freund habe sich ein paar Tage freigenommen, und fahre noch heute abend zu seinem Bruder. Wenn er zurückkehre am Wochenende, solle sie ihre Sachen gepackt haben und verschwunden sein. Er zahle ihr monatlich für ein halbes Jahr einen Unterhalt von € xxxx auf das ihm bekannte Konto, und ansonsten adieu.
A. ist verzweifelt und ringt wahrhaft die Hände. Wo sie denn hinsolle. Und es sei typisch – ihr Freund denke nie an sie. Fast hätte sie ihn geheiratet. Und es sei gut, dass es dazu nie gekommen sei. Sie könne gut auf ihn verzichten, so ein kleinlicher Charakter, aber was sie jetzt anstellen solle, sei ihm ja offenbar rundweg egal.
Ich wiegele ein bißchen ab, verweise auf die momentane Erregung des Freundes und vertröste auf nächste Woche, wenn er sich vermutlich wieder überlegt haben würde mit der Trennung auf ewig. Nun ist A. wieder am Schluchzen, ich ziehe mein Gästesofa aus, und nötige A. erst einmal zum Schlafen.
„Aber wenn er mich wirklich rauswirft, und ich finde keine andere Wohnung“, meint die A., zieht sich die Decke bis unter das Kinn und schaut mich vertrauensvoll an, „verklagst du ihn, gell?“
von: Modeste Schublade: Datum: 7. Apr. 2005, 13:17 Uhr
Daher also weht der Wind...
Ist die A. wirklich so blauäugig? Blond dazu?
es stellt sich doch eher die frage...
Sorry, aber über ihre Art und Weise, wie sie mit den Gefühlen eines anderen Menschen umgegangezn ist, kommt mir gerade das kotzen.
Ich habe mal geschrieben,"Niemand kann etwas dafür, wenn Gefühle erkalten und die Liebe verblasst. Wohl aber kann jeder die Art und Weise der Trennung bestimmen."
Und die Art und Weise von A. geschieht ihr Recht - eigentlich ist sie noch viel zu harmlos für sie.
Auch wenn ich keine Ahnung habe, wie ihre Beziehung war...seine Aussage, dass sie noch bis zum Ende der Woche Zeit zum ausziehen hat und er auch noch Unterhalt zahlt, spricht von Rückgrat (oder wie schon gesagt von Dämlichkeit).
Wenn das Vertrauen in einander nicht mehr da ist - woran soll man denn noch glauben?
Die ganze Geschichte ist so unglaublich traurig - und armseelig für das Verhalten im Zwischenmenschlichen.
Grüße aus Stuttgart
Damaris