Der süße Duft der Bücher
Ein Stöckchen vom wahrhaft verehrungswürdigen Herrn Kid kann man natürlich nicht liegenlassen:
1. Du steckst in der Welt von Fahrenheit 451, welches Buch möchtest Du sein?
Vielleicht Hugo von Hoffmannsthal, Der Tor und der Tod. Dabei sind die Schwächen dieses Buches Legion, der Stil kippt manchmal fast ins Süßliche und sein Eklektizismus stößt mit dem Kopf locker gegen die Stratosphäre. Der Verführung, die von dieser klingenden Melange von Schönheit, Sinken und Dämmerung ausgeht, kann ich mich trotzdem nicht entziehen. Die Angst, auf den Oberflächen des Seins letztlich am Lebendigen zu versagen, die halsabschnürende Furcht vor den scharfen Schatten des Nichts, hat in diesem schmalen Bändchen, Insel-Bücherei Nr. 28, einen Ausdruck weichen, goldenen Lichts gefunden, den ich vielleicht gerade seiner Schwächen wegen liebe.
2. Warst du je in eine Figur aus einem Buch verknallt?
Aber selbstverständlich. In Lord Henry Wotton zum Beispiel. Oder in Darcy. Im Allgemeinen in das, was jeweils gerade nicht zur Verfügung stand.
3. Welches Buch hast du zuletzt gekauft?
Von Alexander Lernet Holenia, Die Standarte, die man nicht gelesen haben muss, auch wenn Lernet-Holenia wunderbare Bücher geschrieben hat, den Baron Bagge zum Beispiel oder auch Beide Sizilien; außerdem von Hermann Kasack, Die Stadt hinter dem Strom, die in einem Zwischenreich zwischen Tod und Leben spielt, in dem Erinnerungen und individuelles Sein aus den jüngst Gestorbenen gespült werden, ein Vorwaschgang des Jenseits, und Manfred Fuhrmanns Geschichte der Römischen Literatur, um ein wenig gebildeter zu werden, falls mal jemand fragt.
4. Welches Buch hast du zuletzt gelesen?
Die Standarte, und Nadeschda Mandelstam, Das Jahrhundert der Wölfe, eines jener Bücher über den blutigen Tod des Traumes von Freiheit und Gleichheit im Gulag.
5. Welches Buch liest du gerade?
Die Stadt hinter dem Strom und Hunter S. Thompson, The Rum Diary, das hinter meinen Erwartungen bisher leider ein wenig zurückbleibt – aber Fear And Loathing in Las Vegas hat die Latte auch hoch gehängt.
6. Welche fünf Bücher nähmst du mit auf eine einsame Insel?
Fünf ist bitter. Man kennt ja die Prozedur vor dem offenen Koffer – nur zwanzig Kilo Gepäck und etwas anzuziehen braucht man ja auch noch. Wählen wir also aus:
1. Die Buddenbrooks natürlich. Immer wieder gerne. Wie der Tod die Konsulin Kröger bricht. Was habe ich über Christian Buddenbrook gelacht, mit Toni, dieser Verkörperung fehlgeschlagener guter Absichten, gelitten, dem Konsul Thomas bei der Anstrengung zugesehen, die Fasson zu wahren, und am Ende stirbt es sich dann doch, weil man nicht mehr zubeißen kann. Nur Hanno, den mag ich nicht, und hätte ihn bestimmt gekniffen in der Schule, Weichling, den.
2. Djuna Barnes, Nightwood, meinen magischen Gesang, Müdigkeit und Untergang. Oder doch die Gräfin Reventlow, Von Paul zu Pedro, jenes kleine charmante Büchlein über die Liebe, das ich mit 19 einmal geschenkt bekam von jemandem, der die Wahrheit hinter jenen lächelnden Zeilen bis heute nicht erkennen will.
3. Natürlich Theodor Mommsens Römische Geschichte, diese brillante, unterhaltsame, selbst in den ödesten Teilen zu Ackerbau und Kriegsführung nie langweilige Schilderung des Aufstiegs Roms. Mit Mommsen auf dem Nachttisch werden Generationen von Schülern von einer großen Karriere als Althistoriker geträumt haben – leider scheinen die Träume nicht sehr erfolgreich gewesen zu sein: Die meisten Althistoriker schreiben sturzlangweilige Werke. Ähnlich amüsant zur Neuzeit ist dann wohl nur der geschätzte Friedell, der wiederum der exakten Wissenschaft weniger zuzurechnen ist, aber das kann mir als Leser zum Glück ja egal sein.
4. Proust. Die Suche nach der verlorenen Zeit. Daran lese ich seit Jahren, ein Buch, in dessen ebenso eleganten wie abseitigen Räumen man sich verlieren kann, aber zum sich Verlieren braucht man Zeit und Ruhe. Eine einsame Insel ist da genau das Richtige, um Sodom und Gomorrha zu verlassen und die verlorene Zeit wiederzufinden.
5. Und Eichendorffs Taugenichts natürlich, eine heitere, runde Unschuld, ein vormoderner Sehnsuchtsort, in dem die Zitronen blühen, die Wasser am Mühlbach rauschen und am Ende bekommen sie sich noch dazu.
Ja, und dann stehe ich vor dem Koffer, mein Reisegepäck geht kaum noch zu, hinter mir liegt ein Haufen Bücher – und muss wohl daheim bleiben. Ach, denke ich – was soll ich anfangen ohne den geliebten Doderer. Joseph Roth und Perutz, Virginia Woolf, Kleist, die französischen Naturalisten, denen ich doch gerne auf der Insel einen kleinen Altar aus Sand baute, mit Muscheln drauf. Aber der Koffer ist zu.
Langsam wird´s schwierig – aber Frau Arboretum hat noch kein Stöckchen gefangen. Und die Frau Brittbee soll auch einmal darlegen, was denn auf ihrem Nachttisch liegt. Und was Herr Parka liest, will ich auch mal wissen.
1. Du steckst in der Welt von Fahrenheit 451, welches Buch möchtest Du sein?
Vielleicht Hugo von Hoffmannsthal, Der Tor und der Tod. Dabei sind die Schwächen dieses Buches Legion, der Stil kippt manchmal fast ins Süßliche und sein Eklektizismus stößt mit dem Kopf locker gegen die Stratosphäre. Der Verführung, die von dieser klingenden Melange von Schönheit, Sinken und Dämmerung ausgeht, kann ich mich trotzdem nicht entziehen. Die Angst, auf den Oberflächen des Seins letztlich am Lebendigen zu versagen, die halsabschnürende Furcht vor den scharfen Schatten des Nichts, hat in diesem schmalen Bändchen, Insel-Bücherei Nr. 28, einen Ausdruck weichen, goldenen Lichts gefunden, den ich vielleicht gerade seiner Schwächen wegen liebe.
2. Warst du je in eine Figur aus einem Buch verknallt?
Aber selbstverständlich. In Lord Henry Wotton zum Beispiel. Oder in Darcy. Im Allgemeinen in das, was jeweils gerade nicht zur Verfügung stand.
3. Welches Buch hast du zuletzt gekauft?
Von Alexander Lernet Holenia, Die Standarte, die man nicht gelesen haben muss, auch wenn Lernet-Holenia wunderbare Bücher geschrieben hat, den Baron Bagge zum Beispiel oder auch Beide Sizilien; außerdem von Hermann Kasack, Die Stadt hinter dem Strom, die in einem Zwischenreich zwischen Tod und Leben spielt, in dem Erinnerungen und individuelles Sein aus den jüngst Gestorbenen gespült werden, ein Vorwaschgang des Jenseits, und Manfred Fuhrmanns Geschichte der Römischen Literatur, um ein wenig gebildeter zu werden, falls mal jemand fragt.
4. Welches Buch hast du zuletzt gelesen?
Die Standarte, und Nadeschda Mandelstam, Das Jahrhundert der Wölfe, eines jener Bücher über den blutigen Tod des Traumes von Freiheit und Gleichheit im Gulag.
5. Welches Buch liest du gerade?
Die Stadt hinter dem Strom und Hunter S. Thompson, The Rum Diary, das hinter meinen Erwartungen bisher leider ein wenig zurückbleibt – aber Fear And Loathing in Las Vegas hat die Latte auch hoch gehängt.
6. Welche fünf Bücher nähmst du mit auf eine einsame Insel?
Fünf ist bitter. Man kennt ja die Prozedur vor dem offenen Koffer – nur zwanzig Kilo Gepäck und etwas anzuziehen braucht man ja auch noch. Wählen wir also aus:
1. Die Buddenbrooks natürlich. Immer wieder gerne. Wie der Tod die Konsulin Kröger bricht. Was habe ich über Christian Buddenbrook gelacht, mit Toni, dieser Verkörperung fehlgeschlagener guter Absichten, gelitten, dem Konsul Thomas bei der Anstrengung zugesehen, die Fasson zu wahren, und am Ende stirbt es sich dann doch, weil man nicht mehr zubeißen kann. Nur Hanno, den mag ich nicht, und hätte ihn bestimmt gekniffen in der Schule, Weichling, den.
2. Djuna Barnes, Nightwood, meinen magischen Gesang, Müdigkeit und Untergang. Oder doch die Gräfin Reventlow, Von Paul zu Pedro, jenes kleine charmante Büchlein über die Liebe, das ich mit 19 einmal geschenkt bekam von jemandem, der die Wahrheit hinter jenen lächelnden Zeilen bis heute nicht erkennen will.
3. Natürlich Theodor Mommsens Römische Geschichte, diese brillante, unterhaltsame, selbst in den ödesten Teilen zu Ackerbau und Kriegsführung nie langweilige Schilderung des Aufstiegs Roms. Mit Mommsen auf dem Nachttisch werden Generationen von Schülern von einer großen Karriere als Althistoriker geträumt haben – leider scheinen die Träume nicht sehr erfolgreich gewesen zu sein: Die meisten Althistoriker schreiben sturzlangweilige Werke. Ähnlich amüsant zur Neuzeit ist dann wohl nur der geschätzte Friedell, der wiederum der exakten Wissenschaft weniger zuzurechnen ist, aber das kann mir als Leser zum Glück ja egal sein.
4. Proust. Die Suche nach der verlorenen Zeit. Daran lese ich seit Jahren, ein Buch, in dessen ebenso eleganten wie abseitigen Räumen man sich verlieren kann, aber zum sich Verlieren braucht man Zeit und Ruhe. Eine einsame Insel ist da genau das Richtige, um Sodom und Gomorrha zu verlassen und die verlorene Zeit wiederzufinden.
5. Und Eichendorffs Taugenichts natürlich, eine heitere, runde Unschuld, ein vormoderner Sehnsuchtsort, in dem die Zitronen blühen, die Wasser am Mühlbach rauschen und am Ende bekommen sie sich noch dazu.
Ja, und dann stehe ich vor dem Koffer, mein Reisegepäck geht kaum noch zu, hinter mir liegt ein Haufen Bücher – und muss wohl daheim bleiben. Ach, denke ich – was soll ich anfangen ohne den geliebten Doderer. Joseph Roth und Perutz, Virginia Woolf, Kleist, die französischen Naturalisten, denen ich doch gerne auf der Insel einen kleinen Altar aus Sand baute, mit Muscheln drauf. Aber der Koffer ist zu.
Langsam wird´s schwierig – aber Frau Arboretum hat noch kein Stöckchen gefangen. Und die Frau Brittbee soll auch einmal darlegen, was denn auf ihrem Nachttisch liegt. Und was Herr Parka liest, will ich auch mal wissen.
von: Modeste Schublade: Datum: 20. Mai. 2005, 8:50 Uhr
Aber spontan wird es nicht,gehen, diese Entscheidungen haben schließlich Tragweite. Es ist, als müsste ich entscheiden, welcher Freund mir der liebste ist.