Wunschliste
Kaum etwas verrät soviel über einen Menschen wie seine Bücher, und so steht man beim ersten Besuch in fremden Wohnungen oftmals fast ein wenig ängstlich vor den Regalen: Lass, oh Himmel, denkt man, diesen reizenden Jüngling bitte nicht das Gesamtwerk von Douglas Adams und alles von Tolkien in vieltausendmal zerlesenen Ausgaben besitzen, und an jener Stelle, wo von Rechts wegen die Recherche ihren Platz hätte, das blanke Nichts den Betrachter anlachen. Stehen Nick Hornby und Benjamin von Stuckrad-Barre auf drei kümmerlichen Regalbrettern? Liebt da einer Grillparzer oder Raabe? Kann man jemanden küssen, der Grass verehrt und Martin Walser als lesbar erachtet? - Und überhaupt - welchen Regelmäßigkeiten folgt die Anordnung der Bücher - sind´s die Anfangsbuchstaben, ist´s die Vorliebe oder ist es gar der Zufall, der die Bücher regellos in die Reihen spült? Stammen die Bücher von Flohmarkt und Antiquariat, zusammengesucht von der zufälligen Hand des Liebhabers und Sammlers, der die eine oder andere mühsam erschlagene Ausgabe zärtlich und stolz vorführt?
Steht Besuch prüfenden Blicks vor meinen Regalen, so halte ich manchmal, ist´s wichtig, auch ein wenig den Atem an. Welches Buch wird er herausziehen? Was als trivial abtun, was aus welchen Gründen loben, und an welchen Büchern geht er gänzlich vorbei? Besteht mein lesendes Selbst vor kritischen Augen? Man erfährt einiges über mich vor diesen Büchern, und so erfährt man auch einiges über mich, liest man ein wenig in der Wunschliste herum, die ich bei amazon vor ein oder zwei Jahren einmal zusammengestellt - und gestern ein zweites Mal für alter ego Modeste angelegt - habe, um Familie und Freunden das Beschenken ein wenig zu erleichtern.
Ob der Betrachter nicht vielleicht mehr erfährt, als mir lieb ist, kamen die Bedenken vor der fertigen Liste, und die Frage, ob zwischen dem schreibenden Fräulein Modeste und der Leserin auf dem grünen Sofa wirklich jenes Maß an Koinzidenz besteht, das ich vielleicht nur aufgrund mangelnder Distanz annehme? Ob ich überhaupt will, dass der Leser im Verlaufe der Zeit mehr und mehr über mich erfährt, sei es durch eine Bücherliste, sei es durch Alltagsgeschichten, ein Photo - ob mir diese Verwandlung in kleinen Schritten in eine - wenn auch für einen glücklicherweise begrenzten Personenkreis - öffentliche Person möchte, der mit der Führung eines persönlichen Blogs zwangsläufig verbunden ist.
Aber sei´s drum: Ich liebe Geschenke.
Steht Besuch prüfenden Blicks vor meinen Regalen, so halte ich manchmal, ist´s wichtig, auch ein wenig den Atem an. Welches Buch wird er herausziehen? Was als trivial abtun, was aus welchen Gründen loben, und an welchen Büchern geht er gänzlich vorbei? Besteht mein lesendes Selbst vor kritischen Augen? Man erfährt einiges über mich vor diesen Büchern, und so erfährt man auch einiges über mich, liest man ein wenig in der Wunschliste herum, die ich bei amazon vor ein oder zwei Jahren einmal zusammengestellt - und gestern ein zweites Mal für alter ego Modeste angelegt - habe, um Familie und Freunden das Beschenken ein wenig zu erleichtern.
Ob der Betrachter nicht vielleicht mehr erfährt, als mir lieb ist, kamen die Bedenken vor der fertigen Liste, und die Frage, ob zwischen dem schreibenden Fräulein Modeste und der Leserin auf dem grünen Sofa wirklich jenes Maß an Koinzidenz besteht, das ich vielleicht nur aufgrund mangelnder Distanz annehme? Ob ich überhaupt will, dass der Leser im Verlaufe der Zeit mehr und mehr über mich erfährt, sei es durch eine Bücherliste, sei es durch Alltagsgeschichten, ein Photo - ob mir diese Verwandlung in kleinen Schritten in eine - wenn auch für einen glücklicherweise begrenzten Personenkreis - öffentliche Person möchte, der mit der Führung eines persönlichen Blogs zwangsläufig verbunden ist.
Aber sei´s drum: Ich liebe Geschenke.
von: Modeste Schublade: Datum: 28. Jun. 2005, 10:16 Uhr
The way people stand when examining other people's bookshelves.
(Douglas Adams & John Lloyd)
Gegen die gefürchtete Prüfung durch Besuch feit eine unüberblickbare Masse an Büchern.
Dann bringt sich Besuch höchstens noch in Gefahr, wenn er fragt: "Hast du das etwa alles gelesen?"