Die B. zieht Konsequenzen
Tatsächlich ist die B., wie ich erfahre, fertig mit der Liebe und wird sich fortan auf ihr berufliches Fortkommen konzentrieren. Dies liege auch nicht nur an dem unrühmlichen Ende ihrer letzten Beziehung mit einem langzeitarbeitslosen Historiker. Vielmehr habe sie diese Geschichte zum Anlass genommen, einige grundsätzliche Überlegungen über das individuelle positive Potential von Beziehungen anzustellen und sei dabei zu negativem Ergebnis gelangt.
„Oha.“, sage ich etwas unschlüssig hinsichtlich einer angemessenen Reaktion und frage nach den Gründen. Das Projekt eines Lebens mit Mann sei leider aussichtslos, erläutert mir hierzu die B., denn es verhalte sich wie folgt:
Zum einen – und dies sei fast das Wichtigste – komme sie auch allein gut durchs Leben. Anders als etwa die A., die einen Hang zum Luxus, aber keine Neigung zur Berufstätigkeit habe, sei sie auf einen finanziellen Zufluss von dritter Seite nicht angewiesen. Auch psychisch brauche sei keinen Mann und beherrsche sowohl die Pflicht des Singlelebens, wie Einladungen unter lauter Paaren, wie auch die Kür wie etwa Weihnachten oder Silvester. Im Gegensatz etwa zu mir sei sie zudem in Alltagsdingen bekannt selbständig und könne nicht nur Auto fahren, sondern auch Wasserkästen schleppen und bekäme ihre Katze ohne fremde Hilfe zum Arzt.
Seit ein Mann in ihrem Leben daher aber keine Notwendigkeit, sondern nur eine wünschenswerte Ergänzung, so steigere das ihre Kompromissbereitschaft naturgemäß nicht. Wieso, so fragt die B. erkennbar rein rhetorisch, so solle sie einen Mann zu sich nehmen, der ihr nicht besonders gut gefällt? Wozu etwa dann ein Anhänger erbärmlicher Weltmusik, wie der beste Freund ihres Bruders, den dieser in letzter Zeit auffällig oft erwähnt? Wieso mit jemandem seine Zeit verbringen, der sich komisch anfühlt oder seltsam lacht? Weshalb Verabredungen mit jemandem eingehen, der – wie ihr letzter Freund – nie selber zahlt, weil sein Einkommen für jedes Restaurant, das der B. gefällt, nicht ausreicht, gleichzeitig aber nicht einmal Bewerbungen verschickt, um das zu ändern?
Komme aufgrund der dargelegten Umstände aber nur ein ausgemacht schöner, kluger und gebildeter Mann in Betracht, der zudem beruflich zumindest halbwegs erfolgreich sein sollte, sozial nicht völlig verkümmert sei, und (in Ergänzung einer bekannten Schwäche der B.) vernünftig kochen kann, so stünde man sozusagen Auge in Auge mit dem Problem. Denn warum – die B. wird unwillkürlich etwas lauter – solle jemand, der so sei, wie es ihr gefalle, ausgerechnet zu ihr eine Neigung entwickeln? Denkbar wenig habe sie denjenigen zu bieten, die es sich vermutlich aussuchen können, mit welcher aus einer Schar unzähliger Damen sie ihre Freizeit verbringen, und entsprechend sei auch keiner ihre ohnehin nicht so besonders zahlreichen Exfreunde diesem Ideal nahe gekommen.
Wolle die damit diejenigen nicht, die sie bekommen könne, und bekäme nicht diejenigen, die sie wolle, so ziehe sie sich zurück. Sie verlasse das Spielfeld und konzentriere sich fortan auf Dinge, die ihr liegen, wie etwa ihr Job, und wenn ihr langweilig sei, werde sie Sport treiben. Oder im Chor singen. Oder sie kaufe sich einen Hund.
"I would not join any club that would have someone like me for a member."
Es liegt natürlich eine etwas tragische Ironie darin, wenn man den eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird. Und ich glaube es geht vielen Leuten so wie Ihrer Bekannten B. Aber ich glaube auch, dass diese Denkbewegung und die daraus gezogene Konsequenz ein Irrtum ist. Denn es gibt zwischen Mr. Perfect und Mr. Lose einen Haufen Leute, die so dazwischen sind und darunter sind auch garantiert einige, bei denen es passen würde. Aber man lernt sie meistens nicht kennen. Hier müsste man ansetzten und das ändern. Fragen Sie mich jetzt bitte nicht wie. Aber vielleicht wissen Sie ja, warum es in Deutschland ab einem gewissen Alter eigentlich unmöglich ist, ausser Nachbarn, Kollegen und Freunden von Freunden unverbindlich Leute kennen zu lernen?