Donnerstag, 24. Februar 2005

Kalbszunge

Wo man in dieser Stadt gepökelte Kalbszunge bekommt, bleibt mein gut gehütetes Geheimnis. Während T. die Zunge so hauchdünn schneidet, wie die Metzgereigehilfen dieser Stadt es nicht für mich tun würden, hacke ich Zwiebeln und Ei und krame nach der Kräutermühle.

„Glaubst Du an die Dreitagesregel?“, frage ich den T. aus gegebenem Anlass. „An die was?“, fragt der T., der neue Bekanntschaften allerdings ohnehin selten zurückzurufen pflegt, wenn ich richtig informiert bin. „Erstes Date, drei Tage abwarten, dann anrufen.“, erläutere ich diese Regelung, die allerdings auch in meinem Leben keine größere Bedeutung hat als etwa buddhistische Bekleidungsvorschriften oder das schwedische Zivilprozessrecht.

T. schnaubt nur. „Glaubst Du überhaupt an Regelungen beim Kennenlernen?“, frage ich T. und nenne ein paar Beispiele wie etwa „Sex beim ersten Treffen mündet nie in eine Beziehung“, oder „wenn beim dritten Treffen nichts passiert, passiert nie was“.

„Meine Liebe,“, sagt der T., „ich glaube auch nicht an Oberregierungsräte, aber solange andere Leute an Oberregierungsräte glauben, muss ich ihre Existenz zur Kenntnis nehmen, und so tun, als ob diese Kategorien auch für mich Geltung hätten.“ „Du hältst dich also an solche Regelungen?“, frage ich nach. „Hängt von der Frau ab.“, sagt T. und schüttelt den Schnittlauch so energisch, dass dicke Tropfen auf den Boden fallen.

T.´s Argumentation leuchtet mir zwar unmittelbar ein, ein wesentlicher Punkt indes bleibt nach wie vor nebelhaft: Woher wissen die Leute eigentlich, wie die Spielregeln sind? Flüstern die besorgten Mütter dem Töchterchen vorm ersten Ausgang die Spielregeln verstohlen in die Ohren, und nur meine Mutter fand die Weitergabe dieser doch essentiellen Information übertrieben konventionell? Oder wurde die Kunst des Kennenlernens in den ersten Schuldstunden morgens unterrichtet, denen ich wegen einer lebenslangen Unfähigkeit, vor neun Uhr morgens aufzustehen, leider nicht beiwohnen konnte? Stehen die Regeln in der „Brigitte“, die ich zu Unrecht verschmähe, um statt dessen meine Zeit in Bars zu verbringen, wo ich entsprechend alles falsch mache, statt einfach mal einen Abend pro Woche der Lektüre dieser grundlegenden Fachzeitschrift zu widmen?

„Frag doch mal in deinem tollen Blog“, rät der T. „Die können mir ja viel erzählen.“, sage ich und bleibe, die ich bin.

Nachtrag

Mehr zur Drei-Tages-Regel bei der fabelhaften Frau Fragmente


Benutzer-Status

Du bist nicht angemeldet.

Neuzugänge

nicht schenken
Eine Gießkanne in Hundeform, ehrlich, das ist halt...
[Josef Mühlbacher - 6. Nov., 11:02 Uhr]
Umzug
So ganz zum Schluss noch einmal in der alten Wohnung auf den Dielen sitzen....
[Modeste - 6. Apr., 15:40 Uhr]
wieder einmal
ein fall von größter übereinstimmung zwischen sehen...
[erphschwester - 2. Apr., 14:33 Uhr]
Leute an Nachbartischen...
Leute an Nachbartischen hatten das erste Gericht von...
[Modeste - 1. Apr., 22:44 Uhr]
Allen Gewalten zum Trotz...
Andere Leute wären essen gegangen. Oder hätten im Ofen eine Lammkeule geschmort....
[Modeste - 1. Apr., 22:41 Uhr]
Über diesen Tip freue...
Über diesen Tip freue ich mich sehr. Als Weggezogene...
[montez - 1. Apr., 16:42 Uhr]
Osmans Töchter
Die Berliner Türken gehören zu Westberlin wie das Strandbad Wannsee oder Harald...
[Modeste - 30. Mär., 17:16 Uhr]
Ich wäre an sich nicht...
Ich wäre an sich nicht uninteressiert, nehme aber an,...
[Modeste - 30. Mär., 15:25 Uhr]

Komplimente und Geschenke

Last year's Modeste

Über Bücher

Suche

 

Status

Online seit 7137 Tagen

Letzte Aktualisierung:
15. Jul. 2021, 2:03 Uhr

kostenloser Counter

Bewegte Bilder
Essais
Familienalbum
Kleine Freuden
Liebe Freunde
Nora
Schnipsel
Tagebuchbloggen
Über Bücher
Über Essen
Über Liebe
Über Maschinen
Über Nichts
Über öffentliche Angelegenheiten
Über Träume
Über Übergewicht
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren