Drei Dimensionen
"Maximal 10%!", verkündet mir die sonderbar verknautschte Ärztin und meint damit mein räumliches Sehen. Ich sollte das mal überprüfen lassen. Ich nicke.
Ob ich Auto fahre, werde ich gefragt, und verneine energisch. Ob ich werfen und fangen könnte, will man wissen und schreibt irgendetwas in eine Akte, in der jetzt dokumentiert steht, dass man mir auch besser weder Autos, Gewehre, noch Bälle in die Hand gibt, und ich sitze mit baumelnden Beinen auf einer Liege und schaue versonnen aus dem Fenster. Es liegt also nicht an mir. Oder besser. Es liegt schon an mir, aber ich kann daran nichts ändern, und so spreche ich mich frei von allen Pflichten bezüglich der Bewegung meiner selbst und anderer Körper im Raum.
Schön, denke ich, als ich die Tür von außen schließe. Hier besteht also keinerlei Handlungsbedarf, ziehe ich einen dicken, schwarzen Strich unter den motorisierten Lebensbereich, und tatsächlich fühlt sich das ganz gut an: Für irgendetwas nicht verantwortlich zu sein, und frei von jeder Schuld. Schicksal hat was für sich, laufe ich den langen Gang abwärts zu den Fahrstühlen, und wünsche mir für einen kurzen, winzigen, kaum spürbaren Moment, in allen Dingen wäre es ein bißchen mehr so und nicht anders, und verwerfe dann doch den Gedanken sofort, aber vielleicht auch: Zu Unrecht.