Sonntag, 17. April 2011

Der J. macht was mit

Demnächst – also so kurz nach Ostern – haben der J. und ich Urlaub. Anders als andere Leute, die sich damit brüsten, dass sie niemals Urlaub machen, weil die deutsche Wirtschaft sonst zusammenbricht, nehme ich mit der Hartnäckigkeit eines Gewerkschaftssekretärs Jahr für Jahr meinen vollen Urlaub von 30 Tagen und fahre irgendwo hin. Sehr gern weit weg. Mich begleitet meistens der ebenso wohlgestaltete wie amüsante J.

Zu Streitigkeiten ob des Urlaubsziels ist es bisher nie gekommen. Ab und zu spreche ich den Nahen Osten oder Osteuropa an, dann lehnt der J. ab, weil er Angst vor singenden Russen und schießenden Arabern hat, dann geht es ein bisschen hin und her und irgendwann fahren wir zum Flughafen und begeben uns zu einem gemeinsam ausgewählten Ziel. Bisher haben wir immer was gefunden.

Diesmal fahren wir nach Thailand. Ich kenne Thailand ganz gut, ich habe da mal drei Monate verbracht und in Bangkok gearbeitet. Der J. war auch ein paar Wochen da und hat mit mir in einem Appartement in der Nähe der Sathorn Road gewohnt. Es war heiß und eng und am Wochenende waren wir am Meer.

Ans Meer wollen wir jetzt auch. Vorher aber will ich in den Norden, irgendwo dahin, wo es Dschungel gibt und Tiger und Elephanten. Ich war da mal für ein paar Tage. Ich mag den Dschungel, ich will dorthin, wo die wilden Tiere wohnen, ich will wandern und vielleicht will ich mit einer Enfield durch das Goldene Dreieck fahren, weil ich mir das ganz gut vorstelle und wissen will, ob ich das kann.

Der J. aber lehnt dies entschieden ab. Trekking Touren findet der J. blöd, weil er ungern zu Fuß geht, und Motorradfahren hält der J. generell für gefährlich und deswegen zu vermeiden. Der J. ist nämlich ziemlich intelligent und zudem ziemlich phantasievoll und deswegen fällt ihm bei allem, was man so tun kann, meistens zuerst ein, was dabei passieren kann.

„Dann fährst du gleich auf eine Insel und ich mache eine Dschungeltour.“, schlage ich vor. Wenn der J. irgendwo angekommen ist – auf Ko Lanta vielleicht, vielleicht auf Ko Phi Phi oder Ko Tao – dann schickt mir der J. die Adresse, und ich finde mich ein, wenn ich fertig bin mit den Tigern und dem Urwald. Der J. aber schüttelt den Kopf. Auf keinen Fall will er allein Richtung Süden fahren und sich ausmalen, wie seine Freundin irgendwo von wilden Tieren gegessen wird oder auf einer thailändischen Straße verblutet. Also auch schlecht.

Irgendwann aber werden wir uns einig. Wir trennen uns nicht. Aus der großen Trekking Tour wird eine kleine Trekking Tour von wenigen Tagen. Auf diese kleinere Trekking Tour kommt der J. mit. Er wird zu Fuß gehen, er wird durch den Dschungel fahren, er besteigt voraussichtlich sogar ein Floß, und wenn wir dem Dschungel entkommen sein werden, fahren wir zusammen Richtung Süden.

„Man macht was mit.“, stöhnt der J., und für einen kurzen Moment frage ich mich, wie es wohl in Thailand sein wird, wenn ich den J. durch den Urwald schleppe, und der J. hinter jedem Baum giftige Spinnen oder Tiger mit Tollwut wittert. „Du jammerst da aber nicht die ganze Zeit?“, versuche ich, auf den J. von vornherein beruhigend einzuwirken. Der J. verzieht leicht schmerzhaft das Gesicht. Ein bindendes Versprechen, schweigend zu leiden, steht zur Stunde noch aus.



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