Journal :: 25.05.

Auf dem Rückweg bekomme ich sehr, sehr schlechte Laune. Das mag mit dem frühen Aufstehen zu tun haben. Schließlich gehe ich selten um 6.00 Uhr morgens aus dem Haus. Auch der lange Termin mag etwas ermüdend gewesen sein. Dass das sogenannte Bord-Restaurant (der Speisewagen) voll ist mit Leuten, die stundenlang Zeitung lesen, spielt vermutlich auch mit, und dass es den Käseteller nicht mehr gibt, macht das Maß voll. Das einzige an normales Essen erinnernde Gericht ist also aus und ich esse eine annähernd geschmacklose Tomatensoße auf bleichen Spaghetti.

Pünktlich zur Verfinsterung meines Wohlbefindens fängt es in Hannover an zu regnen. Als gebe es sonst keine freien Plätze setzt sich ein fetter Kerl neben mich und schnauft in seinem Fett und seinen Cargohosen. Rund um mich herum lesen Anzugträger in der FAZ und drücken hektisch auf ihren Blackberries herum, als hänge von ihrer stetigen Erreichbarkeit irgendetwas Wichtiges ab, und vor dem Fenster erstreckt sich die norddeutsche Tiefebene als die wahrhaft langweiligste Landschaft der Welt. Ein paar der Anzugmänner führen gottserbärmlich öde Telefonate, und die Arbeit, die ich mir mitgenommen habe, leidet nicht ganz unerheblich unter meiner Müdigkeit. Statt zu arbeiten blättere ich deswegen ein bißchen in der Zeitung und vergesse alles Gelesene sofort. Wie Leute sich mit Politik beschäftigen können, deren Beruf das nicht ist, ist mir ein Rätsel.

Leider steht auch im Feuilleton nichts, was zu behalten sich lohnt. Mein IPod-Akku ist leer, und als dann auch noch am Hauptbahnhof eine bleiche, spitzgesichtige Frau mit grünen Leggings mir beim Bäcker auf die Füße tritt, da, ja, da wird mir klar, dass Tage, die vor acht beginnen, nichts Gutes zu bieten haben. Dass der Taxifahrer auf dem Weg nach Hause dann doch tatsächlich sein Armaturenbrett mit einem Bild des iranischen Präsidenten geschmückt hat, macht den miesen Kohl des Tages dann auch nicht mehr fett.

Ich gehe jetzt schlafen. Und stehe keinesfalls vor halb neun auf.

kid37 - 26. Jun. 2009, 0:15 Uhr

Ach. Träumen Sie lieber was schönes. Bis mindestens halb.

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