Konjunktiv
„Ich würde,“, sage ich so dahin und schaue über den sommerlichen Weinbergspark hinüber zur Torstraße, „mich ja gern wieder einmal verlieben.“ – „Wer würde das nicht?“, schallt es postwendend von den beiden anderen Decken zurück.
Aber bei längerem Nachdenken....
Ich würde ihn also irgendwo treffen und der Blitz schlüge ein. Einseitig, versteht sich, denn das ist ja eigentlich immer so, zumindest zuerst. Am nächsten Morgen würde ich die Augen aufschlagen, und noch vor der ersten Tasse Tee an ihn denken. Was er wohl macht. Aus Angst, ihm irgendwie auf den Geist zu gehen, würde ich ihn natürlich nicht einfach anrufen. Außerdem könnte er ja bemerken, geliebt zu werden, und dann... würde ich auf der Stelle sterben. Oder so.
Statt ihn anzurufen, würde ich einen Haufen anderer Leute anrufen, die ihn irgendwie kennen, bis ich so ungefähr wüsste, wo er wohnt, wo er arbeitet, und wie seine privaten Lebensumstände so aussehen. Natürlich würde ich denen nicht erzählen „Ich habe mich gestern nacht in den XY verliebt, und ihr müsst mir helfen, ihn zu erobern!“ – das wäre zu einfach. Würde mir die C., die einen Haufen Leute kennt, etwa mitteilen, er arbeite in der Kanzlei „Schinder Knochenbrecher & Partner“ in der Friedrichstraße, dann würde ich natürlich auch nicht die C. fragen, ob sie mit mir beispielsweise eben dort um die Ecke bei Ishiin Mittag essen ginge, sondern eher den O. Oder die R., die ist besser als ein Mann, und nicht so hübsch wie die C., sonst verliebt er sich noch auf der Stelle in die C. statt in mich. – Das sind dann so meine Gedanken.
In den nächsten zwei Wochen würde ich die gesamte Friedrichstraße kulinarisch abgrasen, die Bars in der Nähe seiner Wohnung frequentieren, und irgendwann stünde ich ihm dann gegenüber. „Hey, Modeste.“, würde er mich begrüßen, und ein bißchen plaudern. Ich risse mich zusammen, denn das habe ich gelernt, und würde gepflegt zurückplaudern, über Restaurants oder so. Oder über Kunst. „Ruf doch mal an.“, würde ich am Schluss des Gesprächs herauswürgen, und dann winken und wieder zu meinem Platz gehen. Von Stund´ an würde ich daheim das Telephon anstarren. Selbst liebste Freunde würden kurz abgebügelt, damit er den Anschluss nicht besetzt vorfindet. Weil meine liebsten Freunde mich und meine schlechten Gewohnheiten kennen, würden sie nach und nach herauskitzeln, wer denn diesmal das Unglück hat, meine Aufmerksamkeit erregt zu haben, und sodann versuchen, mir den Herrn auszureden, damit endlich Ruhe ist, und sie auch wieder einmal irgendwo anders essen und ausgehen können. Natürlich bliebe das ganz und gar erfolglos.
Vielleicht riefe er tatsächlich irgendwann einmal an. Um mich herum würde sich alles drehen, und damit er bloß nicht bemerkt, wie aufgeregt ich wäre, würde ich mich auf der Stelle in eine Art Eisblock verwandeln, eine Art perlenkettengeschmückte Kommunikationsmaschine hinge in der Leitung, und würde höflich und scheinbar gelassen über die Vorzüge der Emilia Romagna sprechen, und nein, mit Kuwait Airlines fliege ich auch nie wieder. Oder so.
Würden Sie sich in jemanden verlieben, der so etwas erzählt? - Der XY natürlich auch nicht. Und wenn es doch zu irgendeiner Art Verabredung käme, dann wanderte ich neben dem Angebeteten zwei Stunden lang durch ein Museum, denn mit anderen Frauen, es sei einmal gesagt, gehen Männer auch einmal ins Bett, mit mir indes geht ein Mann in aller Regel in ein Museum. Vielleicht würden wir uns, beim Tee nach dem Museumsbesuch, sogar ein bißchen über die Liebe unterhalten. „Ich würde mich ja auch gern einmal wieder verlieben.“, könnte der XY vielleicht sagen. „Ich mich auch.“, würde ich antworten, und aus lauter Verzweiflung, weil er mich nicht liebt, vier Stück Zucker in meine Teetasse werfen.
Vielleicht käme es nie auch nur zu einem Kuss. Oder dann, wenn mir nichts mehr daran liegt. Vielleicht bliebe es bei distanzierten, höflichen Treffen alle paar Monate, und in der Zwischenzeit würde ich versuchen, halbwegs mit Würde durch mein Leben zu spazieren. Vielleicht fiele er mir dann doch, Monate später an einem kalten Abend um den Hals. Inzwischen würden wir uns sogar richtig gut kennen, aber anrufen am nächsten Tag? Wohl kaum. – Griffe er nachts nach meiner Hand, ich bliebe immer noch stumm, und würde mich bestenfalls in etwas verwandeln, was einfach nur da wäre. Im schlimmsten Fall liefe ich weg, und würde am Tag danach versuchen, per Telephon alles irgendwie zu richten.
Am Ende, wenn alles gut liefe, würde ich morgens aufwachen. Er läge da neben mir und schliefe, und ich würde mich ganz vergeblich ermahnen, ihn nicht vor Liebe aufzufressen, und auch wieder einmal an etwas anderes zu denken.
Aber bei längerem Nachdenken....
Ich würde ihn also irgendwo treffen und der Blitz schlüge ein. Einseitig, versteht sich, denn das ist ja eigentlich immer so, zumindest zuerst. Am nächsten Morgen würde ich die Augen aufschlagen, und noch vor der ersten Tasse Tee an ihn denken. Was er wohl macht. Aus Angst, ihm irgendwie auf den Geist zu gehen, würde ich ihn natürlich nicht einfach anrufen. Außerdem könnte er ja bemerken, geliebt zu werden, und dann... würde ich auf der Stelle sterben. Oder so.
Statt ihn anzurufen, würde ich einen Haufen anderer Leute anrufen, die ihn irgendwie kennen, bis ich so ungefähr wüsste, wo er wohnt, wo er arbeitet, und wie seine privaten Lebensumstände so aussehen. Natürlich würde ich denen nicht erzählen „Ich habe mich gestern nacht in den XY verliebt, und ihr müsst mir helfen, ihn zu erobern!“ – das wäre zu einfach. Würde mir die C., die einen Haufen Leute kennt, etwa mitteilen, er arbeite in der Kanzlei „Schinder Knochenbrecher & Partner“ in der Friedrichstraße, dann würde ich natürlich auch nicht die C. fragen, ob sie mit mir beispielsweise eben dort um die Ecke bei Ishiin Mittag essen ginge, sondern eher den O. Oder die R., die ist besser als ein Mann, und nicht so hübsch wie die C., sonst verliebt er sich noch auf der Stelle in die C. statt in mich. – Das sind dann so meine Gedanken.
In den nächsten zwei Wochen würde ich die gesamte Friedrichstraße kulinarisch abgrasen, die Bars in der Nähe seiner Wohnung frequentieren, und irgendwann stünde ich ihm dann gegenüber. „Hey, Modeste.“, würde er mich begrüßen, und ein bißchen plaudern. Ich risse mich zusammen, denn das habe ich gelernt, und würde gepflegt zurückplaudern, über Restaurants oder so. Oder über Kunst. „Ruf doch mal an.“, würde ich am Schluss des Gesprächs herauswürgen, und dann winken und wieder zu meinem Platz gehen. Von Stund´ an würde ich daheim das Telephon anstarren. Selbst liebste Freunde würden kurz abgebügelt, damit er den Anschluss nicht besetzt vorfindet. Weil meine liebsten Freunde mich und meine schlechten Gewohnheiten kennen, würden sie nach und nach herauskitzeln, wer denn diesmal das Unglück hat, meine Aufmerksamkeit erregt zu haben, und sodann versuchen, mir den Herrn auszureden, damit endlich Ruhe ist, und sie auch wieder einmal irgendwo anders essen und ausgehen können. Natürlich bliebe das ganz und gar erfolglos.
Vielleicht riefe er tatsächlich irgendwann einmal an. Um mich herum würde sich alles drehen, und damit er bloß nicht bemerkt, wie aufgeregt ich wäre, würde ich mich auf der Stelle in eine Art Eisblock verwandeln, eine Art perlenkettengeschmückte Kommunikationsmaschine hinge in der Leitung, und würde höflich und scheinbar gelassen über die Vorzüge der Emilia Romagna sprechen, und nein, mit Kuwait Airlines fliege ich auch nie wieder. Oder so.
Würden Sie sich in jemanden verlieben, der so etwas erzählt? - Der XY natürlich auch nicht. Und wenn es doch zu irgendeiner Art Verabredung käme, dann wanderte ich neben dem Angebeteten zwei Stunden lang durch ein Museum, denn mit anderen Frauen, es sei einmal gesagt, gehen Männer auch einmal ins Bett, mit mir indes geht ein Mann in aller Regel in ein Museum. Vielleicht würden wir uns, beim Tee nach dem Museumsbesuch, sogar ein bißchen über die Liebe unterhalten. „Ich würde mich ja auch gern einmal wieder verlieben.“, könnte der XY vielleicht sagen. „Ich mich auch.“, würde ich antworten, und aus lauter Verzweiflung, weil er mich nicht liebt, vier Stück Zucker in meine Teetasse werfen.
Vielleicht käme es nie auch nur zu einem Kuss. Oder dann, wenn mir nichts mehr daran liegt. Vielleicht bliebe es bei distanzierten, höflichen Treffen alle paar Monate, und in der Zwischenzeit würde ich versuchen, halbwegs mit Würde durch mein Leben zu spazieren. Vielleicht fiele er mir dann doch, Monate später an einem kalten Abend um den Hals. Inzwischen würden wir uns sogar richtig gut kennen, aber anrufen am nächsten Tag? Wohl kaum. – Griffe er nachts nach meiner Hand, ich bliebe immer noch stumm, und würde mich bestenfalls in etwas verwandeln, was einfach nur da wäre. Im schlimmsten Fall liefe ich weg, und würde am Tag danach versuchen, per Telephon alles irgendwie zu richten.
Am Ende, wenn alles gut liefe, würde ich morgens aufwachen. Er läge da neben mir und schliefe, und ich würde mich ganz vergeblich ermahnen, ihn nicht vor Liebe aufzufressen, und auch wieder einmal an etwas anderes zu denken.
von: Modeste Schublade: Über Liebe Datum: 4. Jul. 2005, 10:56 Uhr
obwohl, mir kam der gedanke neulich bei einem herbert grönemeyer song. vielleicht sollt ichs deshalb auch einfach lassen und erstmal an meiner einstellung arbeiten. sie auch?
Damals war´s
streckenweise und zwischendurch auch nochmal in den 90ern. Als der Tod des
Märchenprinzen erschien, schüttelten wir über das Buch die Köpfe, und gut war´s.
In meiner Lebenswelt ist erst durch Schwarzers/Dworkins PorNO-Kampagne 1988 und das
kurz darauf stattfindende Outing von Vergewaltigern in der Szene (die teilweise keine
waren) die große Sexismus-Debatte hochgekommen, die dann inquistionshaften
Charakter annahm. Mitte der Neunziger schwappte das allmählich wieder ab, aber
die lustvolle Unbefangenheit und erotische Offenheit, die in meinem Szene-Umfeld
Mitte der Achtziger geherrscht hatte, sollte sich nie wieder einstellen. Und, liebe
Modeste, ich weiß ja nicht, ob Dich das nun gerade tröstet, aber ich bin es mein Leben
lang gewohnt, über Jahre Single zu sein, zwischendurch auch mal wieder liiert
(momentan wieder solo), ich habe mich damit abgefunden, dass bei mir seit Monaten
nichts passiert(einen One-Night-Stand mit einer Freundin aus alten Zeiten, zu dem es
keine Fortsetzung gibt, zähle ich nicht dazu) , und manchmal überlege ich mir, ob es
nicht vernünftiger wäre,
mich ganz allgemein darauf einzustellen, dass meine in Liebesdingen aktive Zeit einfach
vorbei ist. Und dann sehe ich einen meiner besten Freunde, 10 Jahre älter als ich, der
gerade glücklich frisch verliebt ist. Nein, mach kein Heulsusenblogg auf, bleib lieber
hier! Ich jedenfalls mag Dich zu sehr, als dass ich mich mit der Vorstellung anfreunden
könnte, Dich in Tränen versinken zu sehen, und da bin ich nicht der Einzige.
Es klingt seltsam, wenn ich Dir das auf Deinem eigenen Blogg sage, dennoch: Bleib bei
uns!