Es bleibt längst abgemessen unser Glück
Hell strahlen jenseits der Donau die Fenster der Paläste, als würde ein Fest gefeiert, zu dem wir nicht eingeladen sind. Irgendwo rechts fahren noch einige Wagen über die Kettenbrücke, und die J. spricht von einem, den sie geliebt hat und nicht haben sollte.
Schwarz und glänzend fließt der Strom zu unseren Füßen wie flüssiger Basalt, und ich höre der J. zu, die von den verzweifelten Spielen an jenen Tischen spricht, an denen der Einsatz hoch ist, und die Gewinnchance zum Heulen niedrig. In denjenigen Nächten aber, sagt man, in denen der Mond rot, und der Nordwind heiß würde, in denen die Stäbe grünen und den Häusern entlang des Flusses Hühnerbeine wachsen, in diesen Nächten gelingt vielleicht der große Wurf, der Himmel küsst die Erde, die Venus selber steigt von ihrem weißen Sichelwagen, und in allen Kelchen verwandelt das kalte Blut sich endlich in Wein. - An diesen Tischen indes, denke ich, bin ich nicht zugelassen, auf diesem Rasen habe ich die Platzreife nie erhalten, und am Ende rasseln aus den Einarmigen Banditen meiner Säle vielleicht nur wertlose Münzen, die man leichter Hand verstreut, und die nicht zählen, wenn man nächtens erwacht.
Halt mich fest, sage ich ins Dunkel, aber der Flussgott schweigt, und langsam gehen auf der anderen Seite der Donau die Lichter aus, nur die Fassaden leuchten steinern und kalt und werfen ihre Abbilder auf den fließenden Spiegel. Die J. ist ruhig geworden, und schaut den Wassern nach, und ich überlege, was sie wohl sehen mag.
Gemächlich, immer am Ufer entlang, gehen wir zurück, hören das Hallen der Schritte auf der Brücke, und bleiben einige Momente stehen. Möchte doch, denke ich, aus dem Rauschen ein Flußgott nach mir greifen, kalte, feuchte Hände mich zu sich ins Fließen ziehen, die Finger mir um den Hals legen, bis es dunkel wird, und ich keine Luft mehr brauche. Möchte doch die kalte Haut mir einmal abgezogen werden, die schützenden Zaubersprüche ungehört verhallen, die unterirdischen Feuer in den Höhlen unterm Budaberg lodern und der Flußgott mächtig werden über meinem Blut.
Aber die Götter sind tot, und der Abend wird kühler, und auf dem Rückweg zum Hotel weiß ich wieder, dass die Feuer nicht brennen wollen, und die Feste nicht stattfinden, ob mit mir oder ohne mich.
Schwarz und glänzend fließt der Strom zu unseren Füßen wie flüssiger Basalt, und ich höre der J. zu, die von den verzweifelten Spielen an jenen Tischen spricht, an denen der Einsatz hoch ist, und die Gewinnchance zum Heulen niedrig. In denjenigen Nächten aber, sagt man, in denen der Mond rot, und der Nordwind heiß würde, in denen die Stäbe grünen und den Häusern entlang des Flusses Hühnerbeine wachsen, in diesen Nächten gelingt vielleicht der große Wurf, der Himmel küsst die Erde, die Venus selber steigt von ihrem weißen Sichelwagen, und in allen Kelchen verwandelt das kalte Blut sich endlich in Wein. - An diesen Tischen indes, denke ich, bin ich nicht zugelassen, auf diesem Rasen habe ich die Platzreife nie erhalten, und am Ende rasseln aus den Einarmigen Banditen meiner Säle vielleicht nur wertlose Münzen, die man leichter Hand verstreut, und die nicht zählen, wenn man nächtens erwacht.
Halt mich fest, sage ich ins Dunkel, aber der Flussgott schweigt, und langsam gehen auf der anderen Seite der Donau die Lichter aus, nur die Fassaden leuchten steinern und kalt und werfen ihre Abbilder auf den fließenden Spiegel. Die J. ist ruhig geworden, und schaut den Wassern nach, und ich überlege, was sie wohl sehen mag.
Gemächlich, immer am Ufer entlang, gehen wir zurück, hören das Hallen der Schritte auf der Brücke, und bleiben einige Momente stehen. Möchte doch, denke ich, aus dem Rauschen ein Flußgott nach mir greifen, kalte, feuchte Hände mich zu sich ins Fließen ziehen, die Finger mir um den Hals legen, bis es dunkel wird, und ich keine Luft mehr brauche. Möchte doch die kalte Haut mir einmal abgezogen werden, die schützenden Zaubersprüche ungehört verhallen, die unterirdischen Feuer in den Höhlen unterm Budaberg lodern und der Flußgott mächtig werden über meinem Blut.
Aber die Götter sind tot, und der Abend wird kühler, und auf dem Rückweg zum Hotel weiß ich wieder, dass die Feuer nicht brennen wollen, und die Feste nicht stattfinden, ob mit mir oder ohne mich.
von: Modeste Schublade: Datum: 15. Sep. 2005, 9:28 Uhr
Einen Nachmittag am kleinen Wannsee spazieren und Kleist schwarze Rosen bringen, einen melancholischen Nachmittag im unwirklichen Licht der letzten Sommertage an einem Schwanenteich sitzen oder das Leuchten eines perfekten Septembertages mit seinen schwarzen Schatten im Kreuzgang der Friedenskirche.
(Um den Herbst geht es aber nicht in diesem Text, der zu jenen Texten zu gehören scheint, die ich mag, aber sonst anscheinend keiner. Morgen wird´s wieder lustig, versprochen.)
Alte Erinnerungen an die wohl glücklichste Zeit meines Lebens.
Ich unterteile Ihre Texte ja grob laienhaft in zwei Arten. Diejenigen, die als kleine harmlose Geschichten anfangen und bei denen Sie dann plötzlich aufdrehen. Und diejenigen, bei denen Sie wuchtig einsteigen und nicht nachlassen.
Obiger Text gehört für mich zur zweiten Kategorie. Da kommen manche Sätze wie Faustschläge, da muß man höllisch aufpassen und sich konzentrieren. Sonst sieht man plötzlich Sternchen :-)
Und dass Sie, Herr Gibsmir, den Text mögen, freut mich. Er ist, und das macht vielleicht die möglicherweise etwas anstrengende Komprimierung aus, stark gekürzt, allzu persönlicher Bezüge entkleidet, und enthält ein Gefühl, für dessen essenz ich gerne eine kurze Formel hätte, die sich keiner Bilder mehr bedienen müsste, weil sie alles enthielte, wie etwa Gelb eine Welt von Empfindung birgt, oder Abend oder so etwas. Sprache ist manchmal leider ein unzulängliches Instrument.
(Den Text als Ganzes mag ich natürlich auch...)
Und auch wenn es nicht explizit um den Herbst (nach dem Sommer die schönste Zeit des Jahres) gin, so drückt er doch Empfindungen und Bilder aus, die sich für mich mit ihm verbinden.