Freitag, 17. Februar 2006

Some snapshots of a night

Vom „LassunsFreundebleiben“ dann doch zur B., und auf ihrer Spüle sitzt eine Rumänin mit wunderschönem, rostrotem Haar, die ein Chanson ihres russischen Geliebten singt. „Das klingt schön.“, rufe ich ihr über den Rauch und die Stimmen hinweg zu und frage, worum es geht. „Da stirbt ein Kind am Benzinschnuffeln.“, antwortet statt ihrer ein blasser, schlanker Junge, der eine Bierflasche mit den Zähnen öffnen kann wie die Bauarbeiter, die vor Jahren das Haus gegenüber sanierten, als wir noch in Friedrichshain wohnten, der J. und ich.

„Geht’s dir gut?“, tätschelt die B. mir die Schulter und fragt nach Urlaubsplänen. Doch wieder Thailand, sage ich, male ihr und mir die riesengroßen Litschis aus, gekühlte Kokosnüsse am Strand, und das saftige Grün des Dschungels, platzend vor Chlorophyll. Mit der Rumänin auf den Schultern läuft der russische Geliebte ein paarmal um die Küchentisch, und sie ruft der B. irgendetwas zu, was ich nicht verstehe. „Kannst du rumänisch?“, frage ich, und sie nickt. Die B.² schildert irgendeinen absurden Film, und der Junge, der Bierflaschen mit den Zähnen öffnen kann, imitiert einen Schauspieler, den niemand kennt.

Über dem Tisch zerplatzen laut und leise die Pointen, abwechselnd klingeln alle Telephone und rufen zu Parties, die noch besser sein sollen als alle Parties der letzten Nächte. Vor dem Badezimmerspiegel malt sich die B. ein dunkles, verschattetes Blau um die Augen, und in einer Wolke ihres duftenden Puders laufen wir die Alte Schönhauser hinunter, fahren irgendwohin, und ich trinke viel zuviel Gin Tonic, lehne den Wodka ab diese Nacht, und lasse mir lauter Geschichten erzählen, die ich auf der Stelle wieder vergesse.

„Wo willst du hin?“, brüllt die B. mir ins Ohr, als ich mir die Garderobenmarke geben lasse, und ich zucke mit den Schultern. „Wo sind wir hier eigentlich?“, frage ich die Taxifahrerin, die dick und blond hinter dem Steuer thront wie ein weiblicher Berliner Buddha. „Dann fahren sie mich besser dahin.“, sage ich auf ihre Antwort, nennen eine andere Adresse und steige, eine Kurzstrecke weiter, aus dem Wagen. Die Fenster sind dunkel.

„Bist du allein?“, frage ich, das Telephon am Ohr, und lasse mir öffnen. „Hey Höllenprinzessin.“, umarmt mich der J.², reibt sich den Schlaf aus den Augen und tappt brillenlos und barfuß in die Küche. „Hier sieht’s aus.“, moniere ich, und J.² murmelt irgendetwas über Verrückte, die mitten in der Nacht andere Leute überfallen. „Du trinkst jetzt Tee.“, lehnt er Nachfragen nach Wein ab, nimmt mir die Zigaretten weg und verstaut das halbvolle Päckchen auf seinem Kleiderschrank, unerreichbar für meine 1,67.

„Magst du nicht endlich schlafen?“, fragt er, brüht einen Kräuteraufguss auf, schneidet aus einem Apfel eine Krone wie für ein kleines Kind und hüllt mich in zwei warme, wollige Decken gegen die Kälte, bis ich doch müde werde, und wir uns auf der Couch leise Geschichten erzählen von früher, bevor die Welt so schnell, so laut und grell wurde, wie sie nicht mehr aufhören wird zu sein, solange wir leben.



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