Mittwoch, 8. November 2006

Die Tarnkappe

Sie, sofern es sich bei Ihnen um einen männlichen Leser handelt, stellen sich sicherlich alles Mögliche vor, was Frauen anhaben, wenn sie Ihnen gefallen. Jeans zum Beispiel. Oder Kleider. Röcke, Stiefel, breite Gürtel und schmale Träger, glitzernde Täschchen oder T-Shirts mit und ohne Aufschriften drauf. An Hosenanzüge aber denken Sie nicht. Eine Frau, denken Sie, sollte weiblich ausschauen, Diva oder Mädchen, aber eine Frau im Hosenanzug ist nicht als Frau unterwegs, sondern eher als so eine Art Arbeitsbiene, ein Geschöpf, welches nicht zum Küssen, sondern zum Arbeiten gemacht ist, und deswegen konsequent übersehen wird.

Sie aber, sofern Sie eine Frau sind: Sie finden das ungerecht. Sie steigen morgens in einen Hosenanzug, schwarz, so neutral, wie ein Hosenanzug eben ausschaut, und versinken in einem Loch der Unsichtbarkeit. Wie ein kleines Arbeitspferd fühlen Sie sich, wie eins dieser falbfarbenen, robusten Pferdchen, mit denen man weit über Land und vielleicht sogar in den Krieg ziehen kann, und denen man allenfalls einmal die Seiten tätschelt. Nie spricht man von den Arbeitspferden, nie schaut man die Frau im Hosenanzug an, und abends, wenn Sie sich umziehen könnten, um wieder sichtbar zu werden, dann arbeiten Sie immer noch. Danach gehen Sie schlafen.

Im Traum aber stellen Sie sich vor, einmal wieder ein Kleid anzuhaben, zu leuchten und zu lachen, eine Frau zu sein, die sich irgendjemand vorstellt, wenn er allein in der U-Bahn sitzt. Eine Frau, die so sichtbar ist, wie eine Frau überhaupt sein kann, und fürchten doch, wenn Sie erwachen, dass eines nahen Tages der Hosenanzug festgewachsen sein wird an Ihnen, unausziehbar, und Sie selbst dann wie eine Ganzkörpertarnkappe bedeckt, wenn sie einen Rock anhaben, ein kurzes Kleid, oder sogar nichts.



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