Sonntag, 21. Januar 2007

Lass mich schlafen

Irgend etwas stimmt nicht mit der Beleuchtung. Es ist eine Nuance zu hell, und obwohl das Essen gut, und die Einrichtung angenehm ist, schaut man immer wieder hoch, wo eine Art leuchtende Raupe unter der Decke hängt, und überlegt, ob man den schmächtigen, britischen Kellner bittet, das Licht etwas zu dämpfen. Lass mich schlafen, denkt man, den ganze Mund voller Sojasuppe, und in der Schüssel liegen die bleichen, dicken Udon-Nudeln wie wohlschmeckende Würmer.

Jetzt soll Nacht sein, denke ich, und schließe für Momente die Augen, aber der Tag hört nicht auf, obwohl es dunkel ist. Die Woche läuft weiter und weiter, und vor meinen Augen platzen lauter kleine Pop-Ups auf, in denen steht, was ich tun muss oder hätte tun müssen. Sie habe ein Meeting am Sonntag um zehn im Büro, erzählt die C. und ich beschließe, diesen Sonntag nicht zu arbeiten, sondern zu schlafen, den ganzen Tag zu schlafen, bis ich mich wieder spüren kann und an etwas denken, was nichts mit dem zu tun hat, was ich tue.

Wie man heute wohl aussieht, von außen, überlege ich später im fließenden, orangefarbenen Licht der Bar 103, und trinke in kleinen Schlucken vom Martini bianco in meinem Glas. Um mich herum erzählen sich lauter Leute laut und aufgekratzt ihre Pläne für die Nacht, um dann irgendwohin zu fahren, wo die Nacht lang sein wird, und die Bässe laut.

Ich aber schaue der C. hinterher, wie sie die Kastanienallee entlang nach Hause fährt, und lege mich ins Bett, kurz vor eins, Samstagnacht. Lass mich schlafen, denke ich noch, und versuche, die Systeme auszuschalten, die gleichwohl unerbittlich weiterrattern, seltsame und verdorbene Nachrichten in meine Träume schicken, und meine Hände zucken lassen, als müsse ich etwas tippen, jetzt gleich, noch nachts, und will doch schlafen, schlafen, schlafen.

Dankeschön

Vollkommen leergeräumt, ausgesaugt, plattgedrückt von den Stürmen dieser Tage stehe ich schließlich im Flur. 23.57 Uhr. Lass mich schlafen, denke ich, sage irgend etwas, was "schön dich zu sehen", heißen soll und schleppe mich am geschätzten Gefährten vorbei ins Bad. Vom Büro ins Bett ins Büro.

"Da ist was für dich gekommen.", hält mir der geschätzte Gefährte ein Päckchen unter die Nase. "Habe nichts bestellt.", ächze ich und reiße mir die Stiefel von den Füßen.

Habe ich auch nicht, stellt sich dreißig Sekunden später heraus, und so bedanke ich mich herzlich bei Frau W., die mir dieses Buch hat schicken lassen. Frau W., vielen Dank - ich habe mich sehr gefreut.

Und jetzt lege ich mich ins Bett und lese.



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