Freitag, 28. Dezember 2007

Wie man es richtig macht

Mit 13, 14, mit 15 oder so, wollte ich, wie man so sagt, etwas Künstlerisches machen. Was, war unklar. Malen hätte ich mir vorstellen können. Tatsächlich hatte ich sogar eine Mappe zusammengestellt, nach dem Abi, also knapp vor 20. Die Mappe gibt es noch, und sie legt bestürzend Zeugnis ab von einer himmelschreienden Verbindung fehlender technischer Fertigkeiten mit der völligen Abwesenheit von irgendetwas, das sich auszudrücken gelohnt hätte.

Schreiben konnte ich mir auch vorstellen. Ich hatte sogar ein paar Geschichten geschrieben, und knüpfte ein paar unbestimmte Hoffnungen an den Umstand, dass sie meinen Freunden gefielen. Die Texte waren schlecht. Irgendwann, da war ich 18 oder so, schickte ich eine, die mir besonders gut gefiel, sogar an einen Verlag, und bekam ein zweiseitiges, sehr freundliches Schreiben zurück, dem ziemlich viele Fehler zu entnehmen waren, die der Text noch hatte, und da gab ich es auf. Gefehlt hat es mir nicht.

Vermutlich war es gar nicht die Kunst. Viel wahrscheinlicher war es eine etwas vage Vorstellung von einem künstlerischen Leben.

Gern wäre ich gelegentlich in Zeiten großer Erschöpfung auch etwa Botschaftergattin gewesen, oder Gattin generell. Ich habe ein gewisses Talent für das Ausrichten von Buffets und Empfängen. Ich richte gern Bälle aus. Ich weiß ungefähr, wen man wo hinsetzt und was es zu welchem Anlass zu essen geben soll. Mangels Bedürfnis nach Sinnstiftung hätte mir eine gewisse Betriebsamkeit gereicht, und außerdem schätze ich große, schöne Residenzen, wenn ich sie nicht einrichten und sauberhalten muss.

Für das Leben einer Repräsentationsgattin indes fehlt mir der entsprechende Mann. Um das Problem präzise zu benennen: Mir fehlt völlig die Fähigkeit, einen Mann danach auszuwählen, was er tut, was er darstellt und was er verdient, und zudem gehört zu meinen charakterlichen Fehlern eine oftmals mit den Forderungen der Vernunft kollidierende Kopflosigkeit und etwas, was freundliche Leute wohl Leichtfertigkeit nennen. Außerdem bin ich unbeständig. Zu alledem gehöre ich nicht zu den Damen, denen es gegeben ist, zu gefallen. Das Gefällige, Angenehme, ist mein Metier nicht, und so hält sich die Anzahl der Herren, die eine Neigung zu mir entwickeln, in äußerst engen Grenzen, und von diesen gehört wiederum kaum jemand in die angesprochene Kategorie.

An sich arbeite ich aber auch ganz gern. Ich arbeite auch verhältnismäßig ordentlich, wenn mich die Arbeit nicht langweilt. Das Leben der meisten arbeitenden Menschen allerdings, so mit Haus und Garten, Rasenmäher und Kraftfahrzeug, Konzertabonnement und Klavier spielenden Kindern, kann ich mir dermaßen nicht vorstellen, dass nicht etwa Abneigung die richtige Bezeichnung des Verhältnisses zu dieser Welt darstellt, sondern eher eine völlige, abgrundtiefe Fremdheit. Wie man so leben kann, ist mir ein Rätsel.

Wie man aber dann leben soll, wie man in den Grenzen seiner Fähigkeiten und Neigungen, sein Dasein einrichten soll, das weiß ich nicht. Ich habe keine Ahnung, wie man es vermeidet, sich lächerlich zu machen mit seinem Leben aus lauter Versatzstücken, die nicht zusammenpassen. Ich kenne die Antwort auf die Frage nicht, wie man aus den vielen Modellen, die die Gegenwart bietet, für sich das richtige auswählt, ohne in eine wiederum geschmacklose Beliebigkeit zu verfallen. Die Lächerlichkeit, die der Extravaganz immer anhaftet, ist mir zudem sehr bewusst. Als Original zu enden, steht für mich außerhalb jeder Diskussion.

Wie man es also richtig macht, ich habe keine Ahnung.



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