Donnerstag, 4. Juni 2009

Journal :: 03.06.

Möglicherweise ist man ja durchaus eher Teil des Problems als der Lösung, denn als in der Schönhauser Nummer acht noch eine Metzgerei ansässig war, habe ich nie da gekauft. Ungefähr täglich bin ich vorbeigefahren. Jedesmal habe ich mich über die Auslage gefreut, in der Hunderte von Keramikschweinen im Fenster ganz rechts herumstanden, und mir fest vorgenommen, einmal die angepriesene frische Blut- und Leberwurst zu erwerben. In der Metzgerei war ich letztlich aber nie. Kaum eröffnet hier aber ein neues Restaurant, renne ich hin.

Leider ist unser Tisch ganz hinten. So gegen Ende des Abends verrät mir mein Begleiter, dass er das auch nicht ganz so großartig findet, aber man will ja auch nicht immer mäkeln, kaum dass man angekommen ist, und so sitzen wir eben in der Ecke ganz hinten zwischen Küche und Klo.

Dem Nero d'Avola jedenfalls tut das keinen Abbruch. Überhaupt ist das ein meistens großartiger Wein, auch mein Cava ist gut, soweit man das trotz der Aperolzugabe beurteilen kann, und weil ich heute kaum was gegessen habe, bin ich schon so ungefähr ab der Vorspeise ziemlich angetrunken. Was soll's. Mein Tartar ist etwas fettig, aber sehr, sehr lecker. Der Innenraum ist unverändert geblieben, nur zwei üppige Korbleuchter sind neu, und auf den Bierbänken sitzt es sich angenehm. Auf Sesseln spräche es sich möglicherweise etwas schwerr über (fremde) Leidenschaft, weil Bequemlichkeit sich mit Intensität ja aus irgendwelchen Gründen (über die nachzudenken ich gerade etwas zu betrunken bin) schlecht verträgt.

Meine Jacobsmuscheln sind gelungen, mittig noch etwas glasig, zart, und dass keine Sauce zum Reis und den Linsen gereicht wird, ist wahrscheinlich sehr korrekt und beabsichtigt. Ich hätte trotzdem gern etwas weniger Trockenes gegessen. Meks Taube dagegen ist in der Keule merkwürdig knallrot. Laut dem Koch muss das so sein, ich kenne mich da nicht so aus (bei mir ist Geflügel immer durch), aber zum Ausgleich bekommen wir einen weiteren Wein. Die Mousse zum dritten Glas ist super. Hier kann man öfter essen, versichere ich mir und schiebe mir einen Löffel nach dem anderen in den Mund.

Ordentlich voll ist es, stelle ich fest, als wir gehen. Ob ich auch so bin wie die anderen, frage ich mich beim Gang durch das Lokal und schaue die anderen Leute kurz an. Sehr korrekt sehen die anderen Gäste aus, die Bewohner von Mitte in genau der richtigen Kleidung, mit ihren richtigen Ansichten und der richtigen Musik, und ich schalte den iPod an, um mir nicht zu antworten, dass genau das zutrifft, denn es ist ja auch egal oder zumindest: Ohnehin nicht zu ändern.



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