Donnerstag, 9. Juli 2009

Begegnung auf der Straße

Ich erkenne ihn von weitem. Besser sieht er heute aus als mit 18, als er allzu dünn war und ein bißchen hektisch. Schlank ist er noch immer. Auch sein Haar ist noch voll. Er trägt noch immer dieselbe Frisur wie 1995: Das blonde Deckhaar lang über dem kurz geschorenen Nacken.

"Du hast dich kaum verändert.", sage ich, als er vor mir steht. Er wehrt mit der Hand ab, klopft sich auf den Bauch, lobt meine Kleidung (aber nicht mich) und fährt sich mit der selben Bewegung wie vor fast 15 Jahren durchs Haar.

Er ist nur für ein paar Tage in Berlin, beruflich. Gerade kommt er von einem Meeting, jetzt will er zur C⎮O Galerie im Postfuhramt. "Wie geht es dir? Was machst du?", frage ich, und er erzählt von der Consultancy. Fünf Jahre sei er jetzt da. Länger als üblich. "Nicht so besonders originell.", entschuldigt er sich und lacht. Er hat recht: Meine halbe Abschlussklasse war oder ist Berater.

"Erzähl mal was von dir.", fordert er mich auf, und ich überlege. Viel gibt es da nicht zu berichten. Mein Job. Meine Wohnung im Prenzlauer Berg, Freunde, die auch viel arbeiten, und wenn wir es schaffen, sitzen wir irgendwo herum und essen und trinken Wein. Ab und zu gehe ich gern irgendwohin. Ansonsten keine Hobbies, keine Kinder. Zwei Katzen. Ein Freund. Er lacht. Wir mochten uns ganz gern, damals, erinnere ich mich und überlege, mit wem er befreundet war. Im Latein-Leistungskurs saß er schräg hinter mir. Ich glaube, wir haben uns auf dem 18. Geburtstag meines Freundes T. geküsst, damals, als man sich noch küsste, wenn man auf Parties ging.

"Bist du glücklich geworden?", fragt er auf einmal und unterbricht meine Überlegung. Ich bin überrascht. Als ein wenig peinlich empfinde ich diese Frage. Als ein bißchen zu pathetisch, ein wenig zu persönlich dazu. Woher soll ich das wissen, schießt es mir durch den Kopf. Keine Ahnung, hätte ich fast gesagt. Ich habe lange nicht gefragt. "Gut geht es mir.", sage ich daher und lächele so breit, wie ich es aus dem Stand hinbekomme. Das stimmt, wie ich weiß.

Aber es ist nicht dasselbe.



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