Sonntag, 7. November 2010

Journal :: 06.11.2010

Ausführliche Telefonate im Familienkreise haben ergeben, dass Körperpflege in meinem Leben nicht die Rolle zu spielen scheint, die ihr gebührt. Mit durchschnittlich vier kosmetischen Behandlungen pro Jahr kann ich die Rücklichter meiner weiblichen Verwandten im Rennen um eine gepflegte Erscheinung nur noch mit Mühe am Horizont ausmachen. Außer mir, so erfahre ich, geht jeder normale Mensch weiblichen Geschlechts jeden Monat zur Kosmetik und lässt Gesicht, Brust, Hände, Füße und Körperbehaarung professionell in Ordnung bringen. Ich bin verunsichert. Ich schaffe es vielleicht einmal im Quartal zu Kosmetikerin N., der leicht verfetteten Schönheitskönigin einer bulgarischen Kleinstadt. Die Erkenntnis ist bitter: Ich bin Modeste, das Mädchen aus dem Urwald.

Schlecht gelaunt und struppig liege ich auf dem Sofa und surfe ich ein bißchen im Netz. Die Schminktipps der Stars wenden sich an eine offensichtlich deutlich differierende Zielgruppe. Ich kann und will Megan Fox nicht zum Vorbild nehmen. Haben Sie Lindsay Lohan mal gesehen? Ich habe zwei Hautcremes aus der Apotheke, ein Make Up und zwei Lippenstifte von Rossmann. Ich kaufe da auch ab und zu die rosa Einmalrasierer, um nicht komplett zu verstrubbeln. Wo haben eigentlich andere Frauen das Wissen um das ganze Zeug her, das es in diesem Segment zu kaufen gibt? Woher weiß man überhaupt, welchem Hauttyp man angehört? Ich habe an sich keine Falten, aber ab und zu Pickel, wenn ich etwas sehr Fettes esse. Nennt man das Mischhaut oder ist das normal? Wieso gibt es eigentlich keine Creme für normale Haut? Habe ich schon reife Haut oder brauche ich eine Spezialcreme für große Poren? Ist meine pH-5,5-Body-Lotion Anti-Aging genug oder altere ich ohne besondere Pflege am Rest der Welt vorbei und sehe in wenigen Jahren so aus, als sei ich mindestens schlecht erhaltene 40, während alle anderen Frauen meines Jahrgangs sich nonchalant als 28 ausgeben können?

Möglicherweise, auch das muss man sicher erwägen liegt es gar nicht an fehlender Pflege. Vielleicht würde ich auch mit einer sehr guten und regelmäßigen Pflege noch immer eher als ein feiner Kerl und mehr so zufällig weiblich und nicht als eine Prinzessin vom Prenzlauer Berg eingeordnet werden. Vielleicht, so sinniere ich und koche mir einen Zintronengrasteee, vielleicht ist man erst Exponentin eines gewissen Typs, dann zieht dies einen gewissen Lebensstil nach sich, und dass ich am Samstag mittag wirklich meine Sachen packe, um mich in Mitte ein wenig verschönern zu lassen, ist ganz egal und völlig vergeblich.

(Zumal, wenn man nicht groß ausgeht, sondern Samstag abends einfach so zu viert mit dem R. und der I. im Cavallino Rosso etwas isst.)

Journal :: 05.11.2010

Erst letztens war in der ZEIT ein Titelthema über die Gefahren des Schlafmangels und dessen zunehmende Verbreitung. Ich habe den Artikel nicht gelesen, weil ich die ZEIT aus Versehen bei der I. liegen gelassen habe, aber ich nehme an, sie meinten mich: Ich gehe jeden Abend theoretisch so gegen 1.30 Uhr zu Bett. Praktisch schlafe ich aber nicht vor 2.00 Uhr ein. Morgens klingelt mein Wecker um 8.30 Uhr. In Wirklichkeit bin ich aber meistens um 7.00 Uhr wach, weil mein Kater gattungstechnisch zu den Feliden zählen mag, in Hinblick auf seinen Tagesablauf aber als eine Lerche angesehen werden muss, die ab 6.45 Uhr mit den Vorderpfoten auf der Bettkanten Radau schlägt und in schrillen Tönen nach Futter schreit. Aussperren kann man ihn kaum, außer, man kann schlafen, wenn vor der verschlossenen Tür im Flur die französische Revolution tobt und über Stunden freien Zugang zu den weichen Fauteuils der Paläste verlangt.

Mindestens einmal die Woche finde ich so spät nach Haus, dass der ganze nächste Tag leicht verrutscht. Ich gähne dann nicht von morgens bis abends, das nun nicht, aber das leichte Flirren in den Augenwinkeln, die etwas verzeichneten Farben, so eine gewisse Verlangsamung - man merkt das dann schon. Zwar war es Donnerstag nun nicht gar so spät, aber vor 2.30 Uhr war ich halt doch nicht im Bett, und der Freitag war, nun, doch eher etwas mühsam. Mit ein wenig Routine und viel Kaffee geht das alles, abends ist man dann ja auch wieder halbwegs fit genug für ein bißchen Sozialleben - schöner wäre es aber doch, man bräuchte schlicht weniger Schlaf. Wie man das anstellt, ist mir aber ein Rätsel.

Einfach mehr zu schlafen, ist jedenfalls keine Option. Ich arbeite so ungefähr von 9.30 Uhr bis 20.30 Uhr. Manchmal wird es noch später. Wenn ich dann noch irgendwo hingehen will, ist es zwangsläufig nach Mitternacht. Das Berliner Leben spielt sich tendenziell auch eher etwas später ab. Schnell nach Hause zu gehen und zu Bett, ist als Freizeitbeschäftigung zudem nicht so besonders atraktiv. Ich habe keine Ahnung, was andere Leute zu Hause unternehmen, das ihnen amüsanter erscheint als auszugehen; mich jedenfalls hat noch keine denkbare Alternative überzeugt.

In der Praxis finde ich mich mit der Müdigkeit einfach ab. Dass so wenig Schlaf nicht so richtig gesund sein kann, erscheint mir aber gerade an so etwas übermüdeten Tagen trotzdem einleuchtend. Das beunruhigt mich etwas. Napoleon etwa schlief angeblich nur vier Stunden pro Nacht, wurde - vielleicht deswegen - aber auch nur 52. Das kann man sich leisten, wenn man mit 35 Kaiser der Franzosen ist, ist man mit 35 aber nichts weiter als Anwalt in Berlin, gehört die lebensverkürzende Wirkung des Schafmangels vermutlich nicht mehr zu den Dingen, die man eben einfach so billigend in Kauf nimmt, und so richte ich an dieser Stelle einen dringenden Appell an die pharamazeutische Forschung: Unternehmen Sie irgendetwas. Machen Sie der Gottesgeißel Schlafbedarf endlich ein Ende. Und wenn Ihnen das nicht gelingt: Überzeugen Sie die Politik, per Gesetz den täglichen Beginn des öffentlichen Lebens auf 10.00 Uhr zu verlegen. Als Lobbyisten sind Sie doch angeblich ganz groß.



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