Mittwoch, 8. Dezember 2010

Im Schnee

Zu Fuß mache ich mich auf den Heimweg. Schwarz ist der Himmel, als gebe es nie wieder Sterne, und es fällt Schnee, Schnee, Schnee, uns alle zu bedecken.

Mir aber geht es gut, umgeben von Flocken. Alle Fenster leuchten mir gelb und warm Willkommen. Meine Strumpfhosen sind dünn, ich friere nach wenigen Metern, doch der Schnee wirbelt die Kälte weg, und wenn einer anriefe, mit mir im Volkspark einen Schneemann zu bauen, ich liefe los und rollte Riesenkugeln aufeinander. Weil keiner anruft, laufe ich heim.

Drei Mädchen mit diesen Schlumpfmützen, die so lange Hinterköpfe machen, laufen lachend untergehakt an mir vorbei. Absätze haben die drei unter ihren Stiefeln, dass ich neidisch werde, weil sie so sicher laufen, als seien sie schon mit Absätzen geboren, und ich suche in meinem iPod nach einem Song, der mich nach Hause begleitet, und würde mitsingen, fiele mir etwas Gutes ein.

(Zu Hause aber ist alles dunkel und still.)

Mein anderes Ich im Winter

Im Winter wäre ich gern jemand anders. Bevorzugt wäre ich etwa gern eine Person, die morgens nicht aufstehen muss, das wäre eigentlich optimal. Ich würde mich einfach im Bett umdrehen, wenn es draußen trüb, feucht und kalt aussieht, weiterschlafen, und wenn um elf die Katzen richtig renitent werden, würde ich mich in die Küche schleppen, eine Runde Katzenfutter für alle, und dann schliefe ich weiter. Optimalerweise würde mir jemand, der auch nicht aus dem Haus muss, Kaffee kochen und mich gegen Mittag vorsichtig wachstreicheln.

Wäre ich erst einmal wach, würde ich gern fliegen. Ich bin an sich ganz gern im Büro, aber die Anfahrt mit der M 4 die Greifswalder abwärts ist bei Temperaturen wie diesen kein Spaß. Der BVG ist alles in allem nicht klar, dass im Winter doppelt so viele Leute wie sonst Straßenbahn fahren, deswegen sind die Bahnen unglaublich überfüllt, und die Berliner sind im Winter alle Misanthropen und hören außerdem über Kopfhörer ganz, ganz, ganz laut Musik. Manche sprechen auch mit anderen oder telefonieren lautstark, um die Fahrzeuggeräusche zu übertönen. Könnte ich auf dem Luftweg ins Büro gelangen, wäre alles besser.

Insgesamt wäre ich auch ganz gern jemand, der nicht so schrecklich friert. Nun gut, es mag auch an meiner Abneigung gegen Hosen liegen, dass mir dermaßen kalt ist, aber ich sehe in Hosen merkwürdig aus, und trage nur zu Hause auch mal Jeans, wo es nicht so drauf ankommt. Ich habe schon dicke, gestrickte Strumpfhosen an, aber das hilft auch nicht. Ich wäre gern so kälteresistent wie manche britische Mädchen, die halbnackt stundenlang vor Clubs stehen können. Ich zittere von Dezember bis März und gelte in mir nahestehenden Kreise vermutlich als ziemlich verweichlicht.

Abends wäre ich gern jemand auf einem Sofa. Ich habe abstrus viele Termine, dabei würde ich an sich gern zu Hause herumliegen. Ich hätte gern eine Katze auf dem Bauch. Man sollte mir Kakao und Cupcakes reichen. Ich möche eine Nackenmassage und dann so langsam davondämmern. Wenn ich einschlafe, trüge man mich ins Bett und sänge mir leise, leise Lieder vor und bürstete mir sorgfältig und ohne mich zu wecken die Zähne.



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