Mittwoch, 8. März 2006

Aus einem schwarzen Stein gebrochen

Tiefer sinke ich, immer tiefer dem Schlaf entgegen. Die Dunkelheit umfängt mich wie warmes, brackiges Wasser, und ich falle der Nacht und den Träumen entgegen, die ihre Finger ausstrecken nach mir. Auf einmal aber schiebt eine Hand sich empor von ganz unten, aus dem Bodensatz der Nacht, und setzt einen schwarzen Traum ab auf meinen Dielen. Dichter wird die Dunkelheit, fester und schwer, und klumpt sich zusammen zu Schatten erst, zu Traumfleisch dann und Knochen.

Langsam und tastend, wie jemand in fremden, dunklen Räumen umhergeht, höre ich seine Schritte, recke mich angstvoll nach oben, versuche, dem Schlaf zu entkommen und dem Knacken des Bodens unter seinem Fuß. Die Hände aber, die nach mir greifen, die Müdigkeit in mir, sie sind stärker als ich, und ich falle wieder, gleite dahin, meinem Traum entgegen, dessen Schritte lauter werden, sicherer sein Gang, und ich höre ihn atmen.

Dass er verschwinden wird, öffnete ich nur die Augen, das weiß ich genau, aber ich kann nicht erwachen, ich sinke, falle immer weiter, und sein Schritt nähert sich dem Bett. Laut knacken die Dielen, sein Ärmel streift die rote Wand an meinem Bett, und ich kneife die Augen zu, um ihn nicht zu sehen. Aufwachen will ich, ihn zurückschicken dahin, wo er mich nicht fassen kann, aber immer tiefer wird mein Schlaf, und immer lauter sein Atem. Sprich, denke ich, und gib dich zu erkennen, obwohl ich weiß, wer er ist, und was er sagen wird.

Tief vergrabe ich meinen Kopf im Kissen, ziehe die Decke über mich, damit er mich nicht anfassen kann mit seinen kalten, feuchten Fingern. Er aber steht an der Wand, wartet auf mich, atmet, und ich höre sein Räuspern. Sprich endlich, fahre ich ihn an, damit ich antworten kann, und dich zurückjagen in die Hölle, aus der du kommst. Näher kommt sein Schritt, bewegt die Luft an meinem Bett, und als er sich setzt, als er seine Hand auf meine Schulter legt, öffne ich die Augen.

Du bist ja immer noch da, sage ich, und sehe ihm in die Augen, streife versehentlich sein weißes, blutleeres Fleisch, und er starrt an mir vorbei zum Fenster. Du hast mich gerufen, sagt er, und ich schüttele den Kopf. Du hast mich doch gerufen, beharrt er und streicht mir mit einem Finger den Unterarm aufwärts zur Armbeuge.

Verschwinde, schreie ich ihn an, reiße die Augen auf, und höre seinen Schritt leiser werden, sich entfernen, bis ich die Augen wieder schließe, und der Schlaf mich wiederum umfängt und sinken lässt, fallen lässt, und seine Hand wiederum nach meiner greift, wenn ich schlafe.



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