Sonntag, 24. September 2006

Was auch nicht geht

Ein Desaster in vier Gängen

„Mit den Männern“, hebt die J. das Glas, „bin ich ja fertig. Kein Herzblut, kein Herzklopfen, und nie, nie wieder am Telephon sitzen und warten. Mit der Liebe bin ich durch.“ – Die C. und ich schauen uns ein wenig betreten an und kauen ein wenig hilflos auf den saftigen Scheiben einer Forellenterrine herum.

„Ist ja vielleicht nicht das Schlechteste.“, relativiere ich ein wenig. „Abwarten, ein wenig Zeit ins Land gehen lassen, und dann kommt einer um die nächste Ecke....“ – Die J. aber schüttelt energisch den Kopf. Da käme nun nichts mehr. Wer jetzt als Mitglied der einschlägigen Jahrgänge noch nicht in festen Händen sei, der könne nicht oder wolle nicht, und ein ganzer Mann solle es im Übrigen schon sein, denn als Nebenfrau tauge sie erfahrungsgemäß herzlich schlecht, und der halbherzigen Lösungen sei sie mehr als überdrüssig.

Über dem Tisch hängt für einige Sekunden eine düstere Wolke verlegenen Schweigens. „Nette Männer gibt’s doch immer.“, tröstet die C., aber die J. ist nun, beflügelt von dem zweiten Glas Weißburgunder, nicht mehr zu halten. Nein. So sei das eben durchaus nicht. Was nun noch, jenseits des dreißigsten Lebensjahrs verfügbar sei, sei den durchaus weniger amüsanten Kategorien der Männerwelt zuzuordnen. – „Und die wären?“, frage ich und knete ein wenig an dem Wachs herum, das am Kerzenhalter der Tischdecke entgegenläuft.

Da sei, hebt die J. an, ja zum Beispiel

Der Retter


Der Retter, wie man weiß, nimmt sich gern junger Damen an, deren Leben irgendjemand bei Gelegenheit einmal in Ordnung bringen sollte. Probleme, die jeden anderen in die Flucht schlagen würden, ziehen den Retter daher magisch an. Hört der Retter beispielsweise von einer Person, die schwere Neurosen, gern eine lange und vergebliche Therapiegeschichte, vielleicht das eine oder andere Suchtproblem oder etwas ähnliches aufzubieten hat, so zittern seine Nüstern, sofort lässt er sich Telefonnummern geben, und wird die nächsten Jahre mit dem Versuch zubringen, die Dame wieder auf die Hinterbeine zu stellen.

Das allein legt bereits die Vermutung nahe, der Retter trage einen kleinen Komplex mit sich herum. Tief vergraben in dem schlammigen Grund seiner Seele hält der Retter sich nämlich für kein sonderlich liebenswertes Wesen, das seine Anwesenheit im Leben von weiblichen Personen deswegen nur durch seine Nützlichkeit zu rechtfertigen in der Lage sei, und was könnte nützlicher sein als eben die Rettung?

Eine noch etwas anstrengendere Unterart des Retters rettet gern Frauen, die sich an sich - und für den Rest der Welt nur allzu offensichtlich - auch selber recht gut zu helfen wissen. Da hier wenig gerettet werden muss, und kein über die Ufer getretener Lebenslauf wieder in ein sanft begradigtes Bett zurückgeleitet werden braucht, muss der Zustand der Rettungsbedürftigkeit in jenen Fällen erst einmal herbeigeführt, oder doch zumindest herbeigeredet werden. Der Retter neigt also zum Pathologisieren. Gern tröstet er verlassene oder sonstwie unglückliche Frauen, findet die abenteuerlichsten Ursachen für das Scheitern verschiedenartigster Projekt in der zarten, aber schadhaften Seele der jeweiligen Frau, von der ohnehin mehr, als die meisten Damen es schätzen, die Rede ist, und empfiehlt einen guten Therapeuten, denn man müsse die Vergangenheit bewältigen, um nach vorne schauen zu können, wo das wahre Leben wartet – mit letzterer Aussicht meint der Retter indes in Wirklichkeit lediglich sich selbst.

Der Retter ist also anstrengend. Der Retter geht daher gar nicht, schließt die J. ihre Ausführungen und erntet ein zustimmendes Nicken rund um den Tisch. - Natürlich sei der Retter, schenkt die C. Wein nach, kein attraktives Modell. Indes seien die Retter ja glücklicherweise nicht allein auf der Welt,

so dass Fortsetzung folgt.



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